Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Urlaub soll im laufenden Kalenderjahr genommen werden, denn er dient der Erholung. Doch manche Praxisinhaber sind gegenüber ihren Mitarbeitenden großzügig und erlauben eine Mitnahme des Urlaubs in das kommende Jahr – manchmal sogar über den 31. März hinaus. Das fällt ihnen dann auf die Füße, wenn MFA oder angestellte Ärzte die Praxis verlassen, aber noch Berge an Urlaubstagen vor sich herschieben, die sie aus organisatorischen Gründen gar nicht mehr abbauen können. Dann kommt die sogenannte Urlaubsabgeltung ins Spiel: Der Arbeitgeber muss den nicht genommenen Urlaub ausbezahlen.

Mitarbeitende sollten nicht zu viel Urlaub ansammeln

Die Frage, wie nicht genommener Urlaub abzugelten ist, führt immer wieder zu Streit. Nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss der Arbeitgeber für Urlaubstage, die ein scheidender Arbeitnehmer bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht genommen hat, einen finanziellen Ausgleich zahlen. Für die Berechnung der Höhe des Urlaubs­abgeltungsanspruchs gelten im Prinzip dieselben Regeln wie für die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 Abs. 1 BUrlG. Das Urlaubsentgelt ist nicht mit dem Urlaubsgeld zu verwechseln. Letzteres ist in der Regel eine freiwillige Leistung. Das Urlaubsentgelt ist dagegen die Lohnfortzahlung, die der Arbeitnehmer während der Dauer seines Urlaubs erhält. 

Für die Berechnung des Abgeltungsanspruchs werden die letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses herangezogen. Der Arbeitgeber muss den durchschnittlichen werktäglichen Arbeitslohn in diesem Zeitraum berechnen und mit den verbleibenden Urlaubstagen multiplizieren. Ergeben sich dabei Urlaubsbruchteile, die mindestens einen halben Tag umfassen, muss der Chef diesen auf einen vollen Urlaubstag aufrunden. Das regelt § 5 Abs. 2 BUrlG. Bruchteile von Urlaubstagen, die nicht nach § 5 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz aufgerundet werden müssen, sind entsprechend ihrem Umfang abzugelten. Konkret bedeutet das: Führt die Berechnung der verbleibenden Urlaubstage bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zu 10,6 nicht genommenen Urlaubstagen, muss der Praxisinhaber aufrunden. Er muss elf Tage abgelten. Führt die Berechnung dagegen zu 10,4 Urlaubstagen, so sind genau diese 10,4 Tage auszubezahlen.

Urlaubsabgeltung kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden

Bei der Berechnung gilt außerdem: Zum Arbeitslohn gehören grundsätzlich alle Zulagen und Leistungen des Arbeitgebers. Diese muss er bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung berücksichtigen. Urlaubsgeld ist dagegen nur dann zu berücksichtigen, wenn tarifliche oder vertragliche Regelungen dies ausdrücklich so festlegen. Überstundenvergütungen fließen grundsätzlich nicht in die Berechnung der Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs ein.

Wichtig: Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Wer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und seinen Resturlaub bis dahin nicht genommen hat, kann dafür einen Ausgleich verlangen. Der Urlaubsanspruch wird dann zu einem reinen Geldanspruch. Der Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Urlaub kann jedoch arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Ausschlussfristen unterliegen. Wenn der Anspruch dann nicht rechtzeitig geltend gemacht wird, erlischt er. Für den Urlaubsabgeltungs­anspruch gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. Sie beginnt am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet.

Arbeitsvertragliche Verfallklauseln

In vielen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch die Gegenseite innerhalb von weiteren drei Monaten eingeklagt werden müssen. Andernfalls erlöschen sie. Praxisinhaberinnen und -inhaber müssen bei solchen Klauseln allerdings aufpassen: Zwar kann der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung als reiner Geldanspruch einer Ausschlussfrist unterliegen. Der Arbeitgeber muss aber bei der Verwendung einer solchen Ausschlussklausel eine Formulierung wählen, die zulässig ist. Unzulässig ist es nach der Rechtsprechung, wenn alle „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ verfallen sollen. Denn die Haftung aus vorsätzlich begangener Vertragspflichtverletzung oder unerlaubter Handlung kann nicht durch vertragliche Ausschlussfristen ausgeschlossen werden. Daher muss eine Klausel, die wirksam sein soll, diese beiden Punkte ausnehmen.

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