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Recht

Das Urteil dürfte bei vielen Alleinerziehenden auf Unverständnis stoßen. Doch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern war eindeutig. Arbeitgeber, so das Gericht, müssen beim Erstellen von Schichtplänen zwar nach Möglichkeit auf Belange von Eltern Rücksicht nehmen. Die Tatsache, dass Beschäftigte möglicherweise eine Kinderbetreuung organisieren müssen, begründet aber keinen generellen Anspruch auf Zuteilung von besonders familienfreundlichen Schichten (Az. 5 Sa 139/22).

Kinderbetreuung: Muss der Chef Rücksicht nehmen?

Im konkreten Fall ging es um eine Arbeitnehmerin, die Zwillinge hat und die noch sehr jungen Kinder alleine großzieht. Die Frau arbeitete zunächst als Vollzeitkraft bei einem Arbeitgeber, bei dem es sowohl eine Früh-, eine Mittel- und eine Spätschicht gibt. Ihre Kolleginnen haben ebenfalls mindestens ein Kind im betreuungsbedürftigen Alter.

Nach der Geburt der Zwillinge beantragte die Single-Mutter bei ihrem Chef eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit. Zudem verlangte sie, nur noch an den Wochentagen Montag bis Freitag, und auch nur in der Mittelschicht zwischen 7.40 Uhr und 16.40 Uhr eingesetzt zu werden. Anders könne sie ihre Betreuungspflichten als Alleinerziehende nicht wahrnehmen, da sie keine Familie in der Nähe habe und der Kindsvater sich nicht um seinen Nachwuchs kümmere. Das müsse der Arbeitgeber bei seiner Planung berücksichtigen.

Kein Anspruch auf begehrte Mittelschicht

Als der Chef sich weigerte, die Schichten wie gewünscht zu vergeben, klagte die Frau – und unterlag. Das LAG räumte zwar ein, dass Arbeitgeber nach § 8 Abs. 4 TzBfG bei einer Verringerung der Arbeitszeit die verbleibenden Stunden entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers verteilen müssen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Gerade das sei aber vorliegend der Fall.

Denn die ausschließliche Vergabe von Mittelschichten an die junge Zwillingsmutter hätte den Chef gezwungen, auch die Arbeitszeiten aller anderen Mitarbeiter neu zu organisieren und deren Schichtzeiten zu ändern. Das könne von ihm nicht verlangt werden.

Kein überwiegendes Interesse der Klägerin

Auch die Tatsache, dass Arbeitgeber nach Möglichkeit auf die familiären Belange der Belegschaft Rücksicht nehmen müssen, ändere hier nichts an diesem Befunde, so das LAG. Denn selbst wenn die Sorge für ein Kind großes Gewicht habe, bleibe dem Arbeitgeber immer noch seine unternehmerische Freiheit. Überdies habe er auch die Interessen anderer Mitarbeiterinnen zu berücksichtigen, die alle betreuungsbedürftige Kinder und deshalb ein gesteigertes Interesse an den Mittelschichten sowie arbeitsfreien Samstagen haben.

Das letzte Wort in der Sache ist allerdings bisher noch nicht gesprochen. Gegen das Urteil ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG anhängig (Az. 5 AZN 629/23).