Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Erbrecht

Die Erbeinsetzung von Ärzten oder Pflegepersonal durch Patienten oder Betreuten ist äußerst umstritten. Schnell sind vor allem Angehörige mit dem Verdacht bei der Hand, der Arzt oder Pfleger wolle sich am Erbe bereichern und setzte den Pateinten oder Betreuten unter Druck. Oder andersherum: Der Patient oder Betreute erkaufe sich mit der Erbeinsetzung bessere Pflegeleistungen.

Angestellte in Pflegeheimen dürfen von Betreuten nicht erben

Aus diesem Grund dürfen nach Bundesrecht und den jeweiligen landesrechtlichen Heimgesetzen die Mitarbeitenden von Senioren- oder Pflegeheimen nicht von den von ihnen betreuten Personen erben – zumindest dann nicht, wenn sie schon vor dem Erbfall von ihrer Erbeinsetzung wissen. Das gilt auch für Ärzte, die in Pflegheimen angestellt sind.

Rechtslage für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte umstritten

Für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gibt es einen solch klare Regelung nicht. Jedoch regeln die jeweiligen Berufsordnungen, dass sich Ärztinnen und Ärzten von Patienten keine Geschenke oder andere Vorteile versprechen lassen oder annehmen dürfen, wenn hierdurch der Eindruck entsteht, dass dies die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst.

Nun beschäftigte der Fall eines Arztes das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, der von einer seiner Patientinnen neben anderen Verwandten zum Miterben eingesetzt worden war. Doch nicht nur das: Die Patientin legte ihm das Testament vor und bat darum, dass er ihre Testierfähigkeit bestätigt, was dieser tat. Das fand ein Miterbe nach dem Tod der Frau anrüchig. Er hielt die Erbeinsetzung des Arztes und damit auch das Testament teilweise für unwirksam und focht es an, während der Arzt einen Erbschein beantragte.

Berufsordnung verbietet Annahme von Geschenken

Nach § 32 Absatz 1 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer ist es „Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten (…) Geschenke oder andere Vorteile (…) sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird“.

Oberlandesgericht entscheidet zugunsten eines Arztes

Das Amtsgericht Kassel als Nachlassgericht sah in der Erbeinsetzung des Arztes einen Verstoß gegen diese Vorschrift und erklärte das Testament deshalb für teilweise nichtig. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main konnte der Arzt aber einen Erfolg verbuchen (Beschluss vom 21.12.2023, Az. 21 W 91/23). Die Richter stellten fest, dass der Arzt wirksam als Miterbe eingesetzt worden war. Die berufsständische Regelung in der Satzung der Landesärztekammer stelle zwar im Ausgangspunkt ein Verbotsgesetz dar. Aber: § 32 der ärztlichen Berufsordnung enthalte ein an die Mitglieder der Ärztekammer gerichtetes Verbot. Es könne nicht die Testierfreiheit Dritter einschränken.

Beschwerde zum Bundesgerichtshof möglich

Eine verfassungskonforme Auslegung ergebe daher, dass ein etwaiger Verstoß des Arztes gegen die Berufsordnung nicht zur Nichtigkeit des Testaments führe. Dies würde einen unangemessenen Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützte Testierfreiheit darstellen. Bei den vergleichbaren Verbotsgesetzen für den Bereich der Pflege in Heimen sei das anders. Deren Schutzbereich umfasse auch den Betreuten und späteren Erblasser. Konkrete Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit der Patientin konnte das OLG nicht erkennen. Weil es sich aber um eine bislang noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage handelt, hat das OLG die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Als Arzt möglichst wenig Angriffsfläche bieten

Wer als Arzt oder Ärztin von einem Patienten in einem Testament bedacht wird und gar nichts davon weiß, muss sich mit solchen Vorwürfen nicht auseinandersetzen. Erfährt ein behandelnder Arzt jedoch vorab von der Absicht eines Patienten, ihn zum Erben einzusetzen, macht er sich in jedem Fall weniger angreifbar, wenn nicht er, sondern ein neutraler Kollege die Testierfähigkeit bestätigt. Zudem kann der Patient in dem Testament seine Beweggründe für die Erbeinsetzung des Arztes darlegen und erklären, dass sie frei von einer Einflussnahme erfolgte. Übrigens: Der Arzt muss das Erbe nicht annehmen. Er kann es auch ausschlagen.

Berufsrechtliche Sanktionen kaum zu befürchten

Berufsrechtliche Sanktionen wegen einer Erbeinsetzung und eines Verstoßes gegen die Berufsordnung sind zwar möglich, dürften aber in der Regel nicht gravierend sein, wenn sich der Arzt nichts vorzuwerfen hat. Hier dürfte es wohl auf eine Rüge oder ein Ordnungsgeld hinauslaufen.