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Recht

Die Arzneimittelsicherheit hat Vorrang, unabhängig von der Studienlage oder methodischen Problemen bei der Datenanalyse. Ein konkretes Fallbeispiel verdeutlichte die Entscheidung des Gerichts (Aktenzeichen B 1 KR 35/21 R).

Duchenne-Muskeldystrophie und Translarna

Der Fall eines 2004 geborenen Klägers mit Duchenne-Muskeldystrophie infolge Nonsense-Mutation des Dystrophin-Gens stand im Mittelpunkt des Urteils. Die Krankheit ist genetisch bedingt und verläuft typischerweise tödlich im frühen Erwachsenenalter. Der Kläger ist seit 2015 gehunfähig. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme für das Medikament Translarna ab, da es nur für gehfähige Patienten zugelassen war. Trotz Anträgen des Herstellers zur Erweiterung der Zulassung auf nicht mehr gehfähige Patienten, die auf negative Bewertungen der Europäischen Arzneimittel-Agentur stießen, bestätigte das Bundessozialgericht die Entscheidung der Krankenkasse.

Kein Anspruch ohne Erfolgsaussicht

Versicherte mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen haben unter erleichterten Voraussetzungen Anspruch auf Krankenbehandlung. Dies schließt auch Arzneimittel ein, deren Wirksamkeit noch nicht vollständig nachgewiesen ist. Allerdings muss eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung oder positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen. Das Bundessozialgericht stellte fest, dass bei negativer Bewertung der vom Hersteller vorgelegten Unterlagen durch die Arzneimittelbehörde nicht von der erforderlichen Erfolgsaussicht ausgegangen werden kann. Die Arzneimittelzulassung dient dem Schutz der Patienten, insbesondere bei schweren Erkrankungen. Das Zulassungsverfahren gewährleistet wissenschaftliche Expertise, Unabhängigkeit und Qualitätssicherung.

Rechtsgrundlagen

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts basiert auf folgenden Rechtsgrundlagen:

  • § 27 Abs. 1 SGB V (Krankenbehandlung): Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung zur Erkennung, Heilung, Verhütung von Verschlimmerungen oder Linderung von Krankheitsbeschwerden. Dies umfasst unter anderem die Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln.
  • § 2 Abs. 1a SGB V: Versicherte mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen können unter bestimmten Voraussetzungen eine von der allgemein anerkannten Leistung abweichende Behandlung beanspruchen, wenn eine Aussicht auf Heilung oder positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

Abschluss: Das Urteil des Bundessozialgerichts stellt klar, dass Versicherte keinen Anspruch auf nicht zugelassene Arzneimittel haben, selbst bei regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen. Die Arzneimittelsicherheit hat oberste Priorität, um Patienten vor unkalkulierbaren Risiken zu schützen. Das Zulassungsverfahren bietet hohe fachliche Expertise und gewährleistet wissenschaftliche Prüfung sowie Unabhängigkeit.