Der Kardiologenkongress in Salzburg. Das Kollegentreffen in Paris. Für viele Ärzte gehören Dienstreisen inzwischen (fast) zum Tagesgeschäft. Wer jedoch ohne ein – bislang wenig bekanntes – Nachweispapier zur Sozialversicherung aufbricht, riskiert drakonische Strafen.
Die meisten Ärzte in Deutschland haben wahrscheinlich noch nie von ihr gehört. Und doch sollte die EU-Verordnung VO (EG) Nr. 883/2004 zur Pflichtlektüre für alle niedergelassenen und angestellten Ärzte zählen. Oder zumindest für jene, die regelmäßig auf Kongresse oder sonstige Dienstreisen ins Ausland fahren. Denn wer die Vorgaben des europäischen Regelwerks zum A1 missachtet, riskiert, dass die Reise zum kostspieligen Desaster wird: Fehlt das Formular zur Sozialversicherung, drohen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro.
Bescheinigung A1 soll Selbstständige und Arbeitnehmer vor zusätzlichen Kosten schützen
Ziel der Verordnung ist es, die unterschiedlichen Sozialversicherungssysteme innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU zu koordinieren. Ärzte oder andere Geschäftsreisende, die vorübergehend außerhalb ihres Heimatlandes arbeiten, sollen nur zu Hause und nicht auch an ihrem Reiseziel Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es die sogenannte A1-Bescheinigung. Mit diesem Papier weisen Selbststständige und Arbeitnehmer bei einer Entsendung ins Ausland nach, dass sie zu Hause versichert sind. Zugleich bietet das Formular die Gewähr dafür, dass die Reisenden bei ihrer beruflichen Tätigkeit im Zielland beitragsfrei bleiben.
Fehlende A1-Bescheinigung wird teuer
Erforderlich ist eine solche Bescheinigung für alle Dienstreisen ins EU-Ausland und für geschäftliche Aufenthalte in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Wichtige Information für Mediziner: Als geschäftlicher Aufenthalt gilt nicht nur die praktische Tätigkeit in einem ausländischen Krankenhaus. Auch wer einen Kongress oder eine Fortbildung in einem dieser Länder besucht, sollte stets eine solche Bescheinigung bei sich tragen.
Doch wer ist eigentlich für das Thema A1 zuständig und stellt eine solche Bescheinigung aus? Wie lange sind sie gültig? Und was passiert, wenn man den Zettel einmal vergessen hat? Hier sind die wichtigsten Antworten für Arbeitgeber und Selbstständige.
Wo beantragen Ärzte (oder deren Arbeitgeber) eine A1-Bescheinigung?
Für alle Mitglieder im ärztlichen Versorgungswerk ist die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen der richtige Ansprechpartner. Hier muss der entsprechende Antrag vom Arbeitgeber bzw. dem Selbstständigen gestellt werden.
Ist wirklich für jede beruflich bedingte Reise in der Europäischen Union eine A1-Bescheinigung erforderlich?
Ja, denn die Verordnung zum A1 kennt keine Bagatellgrenze. Selbst wer grenznah wohnt und nur kurz seinen Dienstwagen im benachbarten Ausland volltanken will, braucht rein rechtlich auch für diese “Entsendung” eine A1-Bescheinigung!
A1-Bescheinigung auch für Durchreise beantragen
Wichtig: Ein Arzt der, etwa auf dem Weg zu einem internationalen Kongress, mehrere Länder durchquert, braucht für jedes Einzelne eine A1-Bescheinigung: Fährt er also auf dem Weg von Köln nach Brüssel durch Holland, muss er sowohl für die Niederlande als auch für Belgien ein entsprechendes Dokument beantragen.
Wie läuft das Verfahren ab?
Arbeitnehmer (und damit alle angestellten Ärzte) müssen den Antrag seit Anfang des Jahres elektronisch stellen. Dafür können sie relativ schnell mit einer Antwort rechnen: Die Bescheinigung wird ihnen spätestens nach drei Tagen zugesandt. Praxisinhaber haben es schwerer: Selbstständige müssen ihre Anträge nach wie vor in Papierform stellen, auf elektronischem Wege geht das leider noch nicht. Entsprechend kann Antwort deutlich länger auf sich warten lassen (weitere Infos und Antragsformulare finden Sie hier).
Was passiert, wenn man ohne A1-Bescheinigung erwischt wird?
Auf die leichte Schulter nehmen sollte man die Thematik im Ausland lieber nicht. Die Sanktionen variieren je nachdem, in welchem Land ein Arzt ohne das Dokument aufgegriffen wird. Sie können im Einzelfall aber ausgesprochen schmerzhaft sein. Zwar lassen es manche EU-Staaten genügen, wenn ein Arzt zumindest den Antrag auf die A1-Bescheinigung vorlegt, weil das endgültige Dokument zum Zeitpunkt der Entsendung noch nicht vorliegt.
Vor allem Österreich und Frankreich kassieren ab
Wer jedoch keinerlei Beleg für seinen Sozialversicherungsstatus liefern kann, muss mit drakonischen Strafen rechnen. Vor allem Österreich und Frankreich kontrollieren A1-Bescheinigungen inzwischen sehr streng und lassen z.B. Ärzte, die eine Fortbildung besuchen wollen, ohne diese Papiere oft gar nicht erst aufs Kongressgelände.
Noch unerfreulicher sind allerdings die finanziellen Folgen der neuen Regelungen. Wird ein Arzt zum Beispiel in Österreich ohne A1-Bescheinigung erwischt, kann die dortige Finanzpolizei von ihm nicht nur Sozialversicherungsbeiträge nach dem Landesrecht erheben. Es drohen auch Bußgelder von bis zu 10.000 Euro. Freiberufler zahlen sie stets aus eigener Tasche – und selbst Arbeitnehmer müssen damit rechnen, dass sie den Betrag erst einmal aus privaten Mitteln berappen müssen, bevor sie ihn (hoffentlich) von ihrem Arbeitgeber erstattet bekommen.
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