Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Es soll zwar immer noch vorkommen, dass Jobsuchende sich per Post auf eine offene Stelle bewerben und ihre Unterlagen in einer sauber gefalteten Papp-Mappe mitschicken. Das Gros der Anschreiben dürfte heute allerdings elektronisch beim Arbeitgeber eingehen. Das ist einerseits praktisch, wirft aber auch diverse Rechtsfragen auf.

Schuld daran ist das komplizierte europäische Datenschutzrecht, das nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch all jene erfasst, die sich nur auf einen Job bewerben – schließlich enthalten Bewerbungsunterlagen jede Menge sensibler, personenbezogener Daten.

Was Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren dürfen – und was nicht

Zunächst die gute Nachricht. Wenn ein Bewerber seine Mappe verschickt – sei es nun digital oder analog – stimmt er damit stillschweigend der Verarbeitung seiner Daten zu. Arbeitgeber dürfen seine personenbezogenen Daten daher erfassen und zum Beispiel den Namen, die Anschrift, die Berufserfahrung oder frühere Tätigkeiten des Bewerbers in einer Datenbank speichern. Ist das Verfahren allerdings abgeschlossen und der betreffende Bewerber kam nicht zum Zug, fällt der Zweck der Speicherung weg und der Arbeitgeber muss die Daten löschen.

Andere Regeln gelten naturgemäß, wenn der Arbeitsvertrag zustande kommt. In diesem Fall dürfen und müssen Praxen und Kliniken die Daten ihres neuen Mitarbeiters zumindest bis zum Vertragsende speichern.

Nicht nur Bewerber haben im Fall einer Ablehnung Rechte

Was die abgelehnten Kandidaten angeht, sollten Arbeitgeber allerdings nichts überstürzen. Aus rechtlicher Sicht empfiehlt es sich sogar, nicht mehr benötigte Bewerbungsunterlagen nicht sofort zu eliminieren. Denn falls der Arbeitgeber nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verklagt wird – und das ist keine Seltenheit –, braucht er die Dokumente, um sich verteidigen zu können.

Hintergrund: Das AGG verbietet Diskriminierungen im Arbeitsleben, unter anderem wegen der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Religion oder der sexuellen Orientierung. Argwöhnt ein Bewerber, er habe den Job nur deshalb nicht bekommen, weil er die falsche Hautfarbe oder das falsche Geschlecht hat – oder weil man in der Klinik womöglich keine Schwulen beschäftigen möchte, kann er klagen und Schadenersatz verlangen. Dafür hat er bis zu zwei Monate Zeit – gerechnet ab dem Zugang der Ablehnung. Entsprechend sollten Arbeitgeber wenigstens so lange auch die Unterlagen abgelehnter Kandidaten behalten. Einige Juristen halten sogar eine Ausdehnung auf sechs Monate für zulässig. Spätestens nach Ablauf dieser Frist sind dann allerdings alle Daten zu löschen, auch die eigenen Notizen aus dem Bewerbungsgespräch.

Ganz generell gilt zudem, dass in der Praxis oder Klinik nur jene Personen Zugriff auf die Bewerberdaten haben dürfen, die mit der Besetzung der offenen Stelle direkt befasst sind. Es ist daher nicht erlaubt, die Bewerbung innerhalb der Abteilung zu verschicken oder sie den potenziellen Kollegen zur Begutachtung vorzulegen.

Neue Datenschutzregeln für Bewerberpools

Nach wie vor möglich ist es zwar, die Unterlagen von abgelehnten Kandidaten „für einen späteren Zeitpunkt aufzuheben.“ Allerdings müssen Kliniken oder Praxen, die das wollen, dafür eine gesonderte Zustimmung des betroffenen Kandidaten einholen.

Wer ein Online-Bewerbungstool anbietet, spart sich viel Arbeit, wenn er dort eine entsprechende Option anbietet und die Zustimmung dadurch abholt, dass er die Kandidaten an der passenden Stelle ein Häkchen setzen lässt. Allerdings müssen Personalverantwortliche beachten, dass eine solche Zustimmung sich jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen lässt.