Wirtschaftlichkeitsgebot: So vermeiden Sie Ärger
Dr. Ulrich KarbachFür Vertragsärzte sind die Regelungen aus dem fünften Sozialgesetzbuch verbindlich. Aber billig und wirtschaftlich sind nicht immer identisch. Denn es wird eine Therapie gefordert, die dem aktuellen Wissensstand entspricht. Wenn eine billigere Option dazu nicht reicht, ist die teurere Option durchaus wirtschaftlich.
Immer wieder wird über das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) debattiert. Auch wenn die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln im Vordergrund der Wirtschaftlichkeitsprüfungen stehen, die im Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV-Ä) genauer beschrieben sind, können auch andere Tätigkeiten überprüft werden.
Der Gesetzestext nennt die Begriffe ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich, die nachfolgend genauer betrachtet werden:
- Ausreichend ist eine Maßnahme, wenn damit nach dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Bestes Beispiel: Für die Beurteilung, ob eine Fraktur vorliegt, reicht meist das konventionelle Röntgen. Dementsprechend ist es ausreichend.
- Zweckmäßig ist eine Arzneiverordnung, die das angestrebte Ziel entsprechend der Zulassung und der Datenlage sehr wahrscheinlich erreichen lässt.
- Wirtschaftlich ist eine Maßnahme oder Verordnung, die ein angestrebtes Ziel kostengünstig erreicht.
Dann führt § 12 (1) SGB V weiter aus, dass die Maßnahmen oder Verordnungen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Gehen wir zur Bildgebung zurück, so könnte man natürlich auch eine Computertomografie einsetzen, um eine Fraktur zu diagnostizieren. Da in aller Regel das klassische Röntgen ausreicht, ist eine CT dann unwirtschaftlich.
Konsequenzen für die Arbeit
Nach der Berufsordnung muss die ärztliche Tätigkeit dokumentiert werden. Aus der Kodierung gemäß dem ICD-10GM alleine ist oft nicht ableitbar, wie es dem Patienten oder der Patientin wirklich geht. Dementsprechend muss die Dokumentation in der Patientenakte in Klartext erfolgen. Zudem gibt es Kollegen, die zum Beispiel bei einem Typ-2-Diabetes weiterhin die E11.9 kodieren, obwohl es schon massive Komplikationen gibt. Dadurch ist nicht klar, wieso weiterführende Diagnostik gemacht und eventuell andere Medikamente verordnet werden müssen. Dem Ärger, der dann auf einen zukommt, kann man oft dadurch entgehen, dass man wie gefordert sauber kodiert.
Verordnung kostenintensiver Präparate
Ähnliches gilt für die Verordnung hochwertiger und meist kostenintensiver Präparate. Vielfach enthält die Fachinformation den Hinweis, dass die entsprechenden Wirkstoffe nur eingesetzt werden dürfen, wenn einfachere Behandlungsoptionen nicht ausreichend wirksam sind oder wegen Kontraindikationen nicht eingesetzt werden können. Auch in diesem Fall ist die saubere Dokumentation absolut essenziell, um Ärger zu vermeiden. Am Beispiel der rheumatoiden Arthritis (RA) lässt sich dies verdeutlichen. Die Behandlung wird üblicherweise mit Methotrexat (MTX) als chemisch synthetischer Disease Modifying Antirheumatic Drug (csDMARD) begonnen. Wenn dies nicht gegeben werden kann und eine andere csDMARD gewählt wird, sollte ausführlich dokumentiert werden, warum dies so ist. Natürlich muss die Patientenakte auch die ermittelte Krankheitsaktivität enthalten. Dazu wird üblicherweise der Simplified Disease Activity Index (SDAI) eingesetzt. Es ist ratsam, bei Umstellung auf eine Behandlung mit Biologics schriftlich zu dokumentieren, dass kostengünstigere Optionen nachgewiesenermaßen nicht ausreichend sind.
Auch wenn wegen ACE-Hemmerhusten auf ein Sartan umgestellt werden muss, sollte der Grund für die Umstellung ebenfalls in der Patientenakte dokumentiert sein. Natürlich sind die Kosten nicht so hoch wie für Biologics bei RA, aber Ärger verursachen sie trotzdem.
Wirtschaftlichkeitsgebot |
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Paragraf 12 (1), SGB V
1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. |