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Praxis

Es ist ein Angebot, das die allgemeinen Preissteigerungen für viele abmildern soll: Der Bund will Unternehmen und Selbstständige bei Einmalzahlungen an Beschäftigte bis zu der Höhe von 3.000 € von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben befreien. Das sieht das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition vor.

Die geplante Inflationsprämie können auch Arztpraxen nutzen, um ihre Medizinischen Fachangestellten in der aktuellen Krise finanziell zu unterstützen.

Bund und Länder waren sich bei dem Entlastungspaket zwar zum Redaktionsschluss noch nicht einig. Die Inflationsprämie funktioniert aber wohl wie der Corona- und Pflege-Bonus, den viele Arztpraxen an ihre MFA gezahlt haben. Wann und für wen genau es demnächst bis zu 3.000 € extra geben soll, dürfte das Gesetzgebungsverfahren im Oktober klären. Geplant ist, dass die Zusatzzahlung freiwillig ist. Niedergelassenen bleibt überlassen, ob und wie viel sie zahlen. Gemäß Finanzministerium sollen die Regelungen für den Sonderbonus an Beschäftigte bis Ende 2024 gelten.

Die Voraussetzungen für die Auszahlung der Inflationsprämie

  • Die Inflationsprämie muss im Zeitraum bis 31. Dezember 2024 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden, um steuer- und sozialabgabenfrei zu sein.
  • Arbeitgeber können die Zahlung von bis zu 3.000 € individuell mit Mitarbeitenden vereinbaren, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag.
  • Die begünstigte Leistung muss im Lohnkonto eines Mitarbeitenden verzeichnet sein. Es genügt ein Hinweis auf dem Überweisungsträger, dass sie in Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.

Praxisberater Wolfgang Apel: „Wenn sich Niedergelassene 3.000 € nicht leisten können, läuft was schief.“

Was raten Sie derzeit Praxisinhaberinnen und -inhabern, die überlegen, ob sie eine Inflationsprämie zahlen sollen, oder von ihren Beschäftigten schon danach gefragt worden sind?

Dieses Modell ist eine günstige Gelegenheit, um seine Arbeitnehmer angesichts der allgemeinen Preissteigerungen finanziell zu unterstützen. Bei einer steuerfreien Einmalzahlung kommt das Geld eins zu eins bei ihnen an und gleichzeitig fällt der Arbeitgeberanteil an den Sozialabgaben weg. Wir dürfen nicht vergessen, dass eine MFA die Teuerungsrate von zuletzt 7,9 Prozent noch viel mehr auf dem Konto spürt als etwa ihr Chef. Für die meisten ist es derzeit echt hart.

Darum rate ich allen Praxisinhaberinnen und -inhabern: Zahlen Sie jetzt einen Inflationsausgleich, damit Ihr Personal nicht spätestens nächstes Jahr, wenn es wohl noch teurer wird, in lukrativere Jobs wechselt. Doch ich sehe auch die Gefahr, dass das Geld nicht für den eigentlichen Zweck genutzt und schnell ausgegeben wird.

3.000 € on top im Jahr reichen auch nicht aus, um dauerhaft eine Rekordinflation auszugleichen. Ist eine generelle Lohn- und Gehaltserhöhung für beide Seiten da nicht zielführender?

Praxisinhaber können das Problem der explodierenden Kosten nur gemeinsam mit ihrem Personal lösen. Denn nur zusammen schaffen sie es, als Reaktion auf steigende Ausgaben die Einnahmen der Praxis zu steigern. Wesentliche Hebel hierfür sind zum Beispiel die Optimierung der Prozesse und Abläufe sowie die Verbesserung der Kommunikation. Außerdem gibt es fast immer noch Potenzial bei der Gewinnung von Privatpatienten und den Selbstzahlerleistungen.

Auch eine Allgemeinmedizinerpraxis kann pro Arztsitz damit mindestens 50.000 Euro im Jahr an Umsatz machen. Um diese erwähnten Potenziale zu heben, rate ich dazu, zusätzlich zum Lohn leistungsbezogene Boni zu vereinbaren. Damit bleibt man flexibel. Und wenn sich die Einnahmesituation der Praxis verbessert, verbessert sich auch diejenige der MFA.

Was sagen Sie Niedergelassenen, die wegen der aktuellen Kostenbelastung der Praxis bei Boni generell abblocken?

Wenn Arztpraxen sich eine Inflationsprämie für MFA nicht leisten können, dann läuft etwas gewaltig schief. Wie kann es sein, dass Unternehmen, die laut Statistischem Bundesamt durchschnittlich Reinerlöse von 210.000 Euro im Jahr erzielen, keine ausreichenden Rücklagen für so etwas haben? Diese Statistik erfasst nicht nur Zahnarztpraxen und große MVZ. Selbst eine allgemeinmedizinische Einzelpraxis macht im Schnitt 186.000 Euro jährlich. Damit sollte man eigentlich in der Lage sein, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf finanzielle Herausforderungen reagieren zu können.

Wolfgang Apel

GeschäftsleitungMediKom Consulting GmbH

w.apel@medikom.org

MediKom Consulting GmbH