Arzt erhält Regresszahlung zurück
Marzena SickingEin Hausarzt hat sich erfolgreich gegen eine Regresszahlung zur Wehr gesetzt. Weil die Prüfungsstelle nach Durchschnittswerten prüfte, obwohl eine repräsentative Einzelfallprüfung vereinbart war, muss sie nun einen fünfstelligen Betrag zurückzahlen. Das Urteil ist für alle niedergelassenen Ärzte hilfreich.
Der Kläger Dr. Frank M. behandelt in seiner Praxis vorwiegend ältere Patienten und setzt dabei in vielen Fällen nicht nur auf Medikamente, sondern auf sanftere Behandlungsmethoden wie Krankengymnastik. Viel zu häufig befand die Regensburger Prüfungsstelle und setzte für die Jahre 2006 bis 2008 eine saftige Regressforderung von über 30.000 Euro wegen der Überschreitung der durchschnittlichen Verordnungswerte (Durchschnittswertprüfung) fest.
Dagegen klagte der Internist. Schließlich wisse er am besten, was gut für seine Patienten sei. Juristisch lag der Klage der Wortlaut der bayerischen Prüfvereinbarung, die zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) und den Krankenkassen ausgehandelt wurde, zugrunde. Eine Durchschnittswertprüfung war hier nämlich nicht vorgesehen, Heilmittelverordnungen sollten einer genau beschriebenen repräsentativen Einzelfallprüfung unterzogen werden, die ein wesentlich differenzierteres Bild der Verordnungspraxis gibt. Doch dies hatte die Prüfungsstelle in Regensburg ignoriert und sich bewusst über die Prüfvereinbarung, die bereits seit 2004 so angewendet wird, hinweggesetzt.
Prüfstelle muss sich an Verfahren halten
Daraufhin stellte nun das Landessozialgericht in der Berufungsverhandlung klar, dass die Prüfungsstelle nicht einfach eigenmächtig von einem vereinbarten Prüfverfahren abweichen kann, sondern sich auch dann an den Wortlaut der Prüfvereinbarung halten muss, wenn das Verfahren kompliziert ist oder nicht die erwünschten Ergebnisse hervorbringt. Aufgrund dessen wies das Gericht die nochmalige Prüfung der Verordnungen von Dr. M. nach den Regeln der gültigen Prüfvereinbarung an.
Letztendlich gab das bayerische Landessozialgericht dem Münchner Arzt recht und entschied in zweiter und letzter Instanz, dass er seine geleistete Regresszahlung größtenteils zurückerhält. Nur ungefähr ein Zehntel der ursprünglichen Strafe muss er nach der Einzelfallprüfung begleichen.
Viele Ärzte setzen auf Vergleich
Im Gegensatz zu Dr. M. lassen sich die meisten Kollegen vor Gericht auf einen Vergleich ein, wobei sie hier meist noch die Hälfte der ursprünglichen Rückforderung zahlen müssen. Ob andere Ärzte, die ihren Patienten bisher aus Angst vor Strafzahlungen kaum noch Krankengymnastik verschrieben haben, von diesem Urteil profitieren können, kann für jeden Einzelfall geprüft werden. Sofern die Widerspruchs- bzw. Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, sollte stets in Erwägung gezogen werden, ob die Argumente aus diesem Verfahren hilfreich sein könnten.
Für alle Bundesländer und alle Prüfvereinbarungen kann jedenfalls der Schluss gezogen werden, dass das in der Vereinbarung festgeschriebene Verfahren verbindlich ist. Abweichungen aus Praktikabilitätserwägungen sind unzulässig und führen zur Rechtswidrigkeit des Prüfbescheids.