Lohnt sich die Kleinunternehmerregelung für Praxisinhaber?
Deborah WeinbuchDas Jahressteuergesetz 2024 bringt neue Spielräume im Umsatzsteuerrecht. Für Einnahmen jenseits der Heilberufstätigkeit gelten nun höhere Grenzen – doch deren Nutzung ist nicht immer die beste Option.
Gutachten, Vorträge, vermietete Geräte – viele Ärztinnen und Ärzte erzielen zusätzliche Einkünfte. Sobald diese Nebeneinnahmen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind, stellt sich die Frage, ob die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG (Umsatzsteuergesetz) anwendbar ist. Diese befreit Unternehmer unter Umständen von der Pflicht, Umsatzsteuer zu erheben und abzuführen. Das klingt erst einmal gut, hat aber klare Grenzen und kann auch Nachteile haben.
Steuerpflichtige Nebeneinnahmen in Arztpraxen: Hier lohnt die Kleinunternehmerregelung
Die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG ermöglicht eine vereinfachte steuerliche Behandlung bei geringen, grundsätzlich umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen. Sie reduziert den bürokratischen Aufwand bei nebenberuflichen oder gelegentlichen Tätigkeiten. Für Ärztinnen und Ärzte ist sie relevant bei Leistungen, die weder heilberuflich noch anderweitig umsatzsteuerfrei sind, etwa im Rahmen eines Lehrauftrags.
Liegt der steuerpflichtige Umsatz im Vorjahr unter 25.000 Euro (früher 22.000 Euro) und werden im laufenden Jahr voraussichtlich 100.000 Euro (früher 50.000 Euro) nicht überschritten, kann die Regelung in Anspruch genommen werden. Maßgeblich sind ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Einnahmen. Erzielt beispielsweise ein Internist 18.000 Euro aus Gutachten, eine Dermatologin 22.000 Euro aus Vorträgen oder ein Hausarzt 24.000 Euro aus der teilweisen Vermietung eines Praxisraums mit EKG-Gerät und Spirometer, kann die Kleinunternehmerregelung greifen.
Gewerbesteuerpflicht des Arztes prüfen lassen
Neben der Umsatzsteuer ist bei Nebeneinkünften auch die mögliche Gewerbesteuerpflicht zu prüfen. Übt ein Arzt neben seiner heilberuflichen Tätigkeit zusätzliche Aktivitäten mit eigenständigem wirtschaftlichen Gewicht aus, kann dies zur Einstufung als gewerbliche Tätigkeit führen. Das betrifft beispielsweise den Betrieb eines Online-Shops mit Nahrungsergänzungsmitteln. Auch umfangreich vermarktete Seminare mit eigener Website, Bewerbung und Ticketverkauf können als gewerbliche Tätigkeit eingestuft werden. Entscheidend ist, ob die Nebentätigkeit eine eigene organisatorische und wirtschaftliche Einheit darstellt. Einzelne, fachlich motivierte Gutachten, Vorträge oder Lehrtätigkeiten, die nicht unternehmerisch vermarktet werden, gelten hingegen in der Regel als freiberuflich.
Oder besser freiwillig verzichten?
Die Kleinunternehmerregelung bietet Vorteile wie weniger Verwaltungsaufwand, keine Umsatzsteuer auf Rechnungen und den Verzicht auf Umsatzsteuervoranmeldungen. Nachteilig ist jedoch der Ausschluss vom Vorsteuerabzug – insbesondere bei Investitionen, etwa in spezielle Geräte oder Fortbildungen. Ein Verzicht auf die Regelung kann sich lohnen, wenn Investitionen geplant sind oder steuerpflichtige Leistungen an vorsteuerabzugsberechtigte Auftraggeber erbracht werden.
Wichtig: Wer auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, ist fünf Jahre daran gebunden. Wer sie nutzt, sollte sein Leistungsangebot regelmäßig prüfen – schon kleinere Änderungen können die Umsatzgrenzen und die steuerliche Einordnung beeinflussen. Eine steuerliche Beratung ist in jedem Fall empfehlenswert.
Steuerpflichtige Nebeneinnahmen erfordern eine sinnvolle Planung
Für Ärztinnen und Ärzte mit überschaubaren steuerpflichtigen Nebeneinnahmen kann die Kleinunternehmerregelung eine sinnvolle Vereinfachung sein, etwa bei gelegentlichen Gutachten oder Vorträgen. Wer jedoch investieren will, Geschäftskunden abrechnet oder gewerbliche Aktivitäten ausweitet, sollte die Regelbesteuerung prüfen.
Gerade bei gemischten Einkünften ist eine fundierte steuerliche Beratung wichtig, um die Grenze zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit korrekt zu ziehen – und steuerlich gut durchdachte Entscheidungen zu treffen.