AVWG – Das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz
Marzena SickingWas regelt das AVWG? Wirtschaftlichkeitsregeln, Rabattverträge, Bonus-Malus – verständlich erklärt für Arztpraxen und medizinisches Fachpersonal.
Das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) trat am 1. Mai 2006 in Kraft und zielte darauf ab, die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Arzneimittel zu senken. Es brachte umfassende Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie im Heilmittelwerbegesetz mit sich.
Zielsetzung des AVWG
Hauptziel des AVWG war es, die Arzneimittelversorgung wirtschaftlicher zu gestalten und die Kosten im GKV-System zu reduzieren. Für das Jahr 2006 wurde eine Einsparung von etwa 1 Milliarde Euro angestrebt. Durch die Mehrwertsteuererhöhung im Jahr 2007 wurde dieses Ziel jedoch auf etwa 500 Millionen Euro jährlich angepasst.
Kernregelungen des AVWG
Festbeträge und Zuzahlungsbefreiung
Das AVWG senkte die Festbeträge für Arzneimittel ab und ermöglichte es den Krankenkassen, Medikamente von der Zuzahlung zu befreien, wenn deren Preis mindestens 30 % unter dem jeweiligen Festbetrag liegt.
Bonus-Malus-Regelung
Eine zentrale Neuerung war die Einführung der Bonus-Malus-Regelung. Dabei wurden Durchschnittskosten je definierter Dosiereinheit (DDD) für verordnungsstarke Arzneimittelgruppen festgelegt. Überschreiten Vertragsärzte diese Durchschnittskosten um mehr als 10 %, können Honorarkürzungen erfolgen. Bei Unterschreitung sind Bonuszahlungen möglich.
Rabattverträge
Das Gesetz ermöglichte es den Krankenkassen, Rabattverträge mit pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen. Diese Verträge sollten dazu beitragen, die Arzneimittelausgaben weiter zu senken.
Verbot von Naturalrabatten
Das AVWG untersagte Naturalrabatte der Pharmaindustrie an Apotheken, um die Transparenz und Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung zu erhöhen.
Manipulationsfreie Praxissoftware
Ab dem 1. Juli 2008 durften Vertragsärzte nur noch Arzneimitteldatenbanken und Software verwenden, die eine manipulationsfreie Verordnung von Arzneimitteln gewährleisten. Diese mussten von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zertifiziert sein.
Auswirkungen auf die Praxis
Das AVWG führte zu einer stärkeren Fokussierung auf die Wirtschaftlichkeit bei der Arzneimittelverordnung. Vertragsärzte mussten sich intensiver mit Preisvergleichen und den Vorgaben der Krankenkassen auseinandersetzen. Dies wurde von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kritisiert, da es zu einem erhöhten bürokratischen Aufwand führte und die ärztliche Entscheidungsfreiheit einschränkte.
Kritik und Kontroversen
Das AVWG stieß auf Kritik von verschiedenen Seiten:
Ärzteschaft: Die Bonus-Malus-Regelung wurde als ethisch problematisch angesehen, da sie die ärztliche Therapieentscheidung beeinflussen könnte.
Pharmaindustrie: Es wurden Umsatzeinbußen und negative Auswirkungen auf die Innovationskraft befürchtet.
Patientenverbände: Es bestand die Sorge, dass die Versorgung chronisch kranker Patienten durch die Absenkung der Festbeträge und die damit verbundenen höheren Zuzahlungen gefährdet sein könnte.
Quelle:Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bundesgesetzblatt, Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz, Gabler Wirtschaftslexikon