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Ermittlungen wegen Datenmanipulation

Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten vor, in den Abrechnungsjahren 2014 und 2015 Diagnosen von mehr als 120.000 Versicherten nachträglich geändert oder ergänzt zu haben. Hintergrund ist der sogenannte morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) – ein zentrales Verteilungssystem, mit dem gesetzliche Krankenkassen je nach Krankheitslast ihrer Versicherten Mittel aus dem Gesundheitsfonds erhalten.

Nach Darstellung der Ermittler soll die KV Berlin die Daten manipuliert haben, um der betroffenen Krankenkasse überhöhte Zuweisungen zu sichern: rund 29 Millionen Euro im Jahr 2014 und weitere 56 Millionen im Jahr 2015. Eine nachträgliche Änderung der von Ärzten kodierten Diagnosen ist nach dem Sozialgesetzbuch V allerdings nicht zulässig.

Vorwürfe der Staatsanwaltschaft

Das ehemalige KV-Vorstandsmitglied (62 Jahre) und die beiden Mitangeklagten – ein 46-jähriger Mann und eine 60-jährige Frau – sollen sogenannte „Unrechtsvereinbarungen“ getroffen haben. Laut Anklage erhielt der KV-Vertreter Datenträger mit Versichertendaten und ließ gezielt Diagnosen ergänzen. Dadurch seien überhöhte Zahlungen an die Krankenkasse geflossen, die wiederum auf Kosten anderer Kassen gingen.

Die Staatsanwaltschaft spricht von Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299a und § 299b StGB). Der ursprünglich ebenfalls erhobene Untreuevorwurf wird vom Gericht nicht weiter verfolgt.

Verteidigung: „Es ging um Korrekturen, nicht um Manipulation“ Die Verteidiger der Angeklagten wiesen die Vorwürfe zu Prozessbeginn als „fernliegend“ zurück. Es habe keine Bestechung und keine unrechtmäßigen Vorteile gegeben. Man habe keine Diagnosen gefälscht, sondern lediglich offensichtliche Fehler in den Datensätzen korrigiert. Der Prozess solle nun klären, ob tatsächlich vorsätzliche Manipulationen oder zulässige Datenbereinigungen vorlagen.

„Es ging nicht um die Verfälschung richtiger Daten, sondern um die Korrektur fehlerhafter Abrechnungen“, erklärten die Anwälte in ihren Eröffnungsplädoyers. Die Angeklagten wollen im Verlauf des Prozesses ausführlich Stellung nehmen.

Prozess mit Signalwirkung

Der Fall gilt als einer der größten Korruptionsverfahren im Gesundheitswesen der vergangenen Jahre. Juristen sprechen von einem „Musterprozess“, der klären soll, wie weit die Verantwortung von Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Datenverarbeitung reicht. Sollten sich die Manipulationsvorwürfe bestätigen, drohen empfindliche Strafen – und eine Grundsatzdebatte über die Kontrollmechanismen im Morbi-RSA-System.

Der Prozess ist zunächst bis Januar 2026 terminiert. Die Aussagen der Angeklagten werden für Mitte November erwartet.

Infobox: Was ist der Morbi-RSA?

Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) ist ein zentraler Finanzmechanismus im deutschen Gesundheitssystem. Er regelt, wie die Mittel aus dem Gesundheitsfonds auf die gesetzlichen Krankenkassen verteilt werden.

Seit 2009 erhalten Krankenkassen dabei höhere Zuweisungen, wenn sie besonders viele oder besonders schwer erkrankte Versicherte betreuen. Grundlage sind die von Ärzten und Psychotherapeuten kodierten Diagnosen. Diese Daten werden über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an den Gesundheitsfonds gemeldet.

Der Morbi-RSA soll faire Wettbewerbsbedingungen schaffen und verhindern, dass Krankenkassen bevorzugt gesunde Versicherte aufnehmen. Gleichzeitig macht das System Manipulationen anfällig – etwa, wenn Diagnosen nachträglich ergänzt werden, um höhere Zuweisungen zu erhalten.

Für die Kontrolle ist das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zuständig. Seit mehreren Jahren wird das System kontinuierlich reformiert, um Transparenz zu erhöhen und Fehlanreize zu vermeiden.

Hinweis: Dieser Text wurde mit Unterstützung einer KI erstellt

Quellen:

dpa / Berliner Landgericht, Prozessauftakt 2025: Meldung „Korruption im Gesundheitswesen? Vorwürfe zurückgewiesen“, erschienen am 8. Oktober 2025.

Bundesministerium für Gesundheit (BMG): Informationen zum Morbi-RSA und Gesundheitsfonds, Stand 2025.

Berliner Zeitung (10.10.2025): „Krankenkasse soll 85 Millionen Euro zu Unrecht kassiert haben – Prozess in Berlin gestartet“.

Apotheke Adhoc (09.10.2025): „Diagnosen nachträglich hinzugefügt – Korruptionsprozess gegen KV Berlin“.