Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
Inhaltsverzeichnis

Der kanadische Mediziner William Osler (1849–1919) hat in einem Zitat geschildert, warum die Heilkunde für ihn so erfüllend ist: „Die Ausübung der Medizin ist eine Kunst, kein Handwerk. Sie ist Berufung und kein Geschäft – eine Berufung, bei der euer Herz ebenso gefordert ist wie euer Verstand.“ Auf die moderne Medizin ist dieser Satz natürlich nicht eins zu eins übertragbar, schließlich brauchen Niedergelassene auch unternehmerische Kompetenzen, um ihre Praxis zu führen. Im Kern beschreibt er aber ziemlich gut, was Ärztinnen und Ärzte ausmacht: Sie setzen sich mit Herzblut dafür ein, Menschen zu heilen und sich um sie zu kümmern, oft über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg. Sie versorgen, hören zu, geben wertvolle Ratschläge für die eigene Gesundheit und tragen zusätzlich die Verantwortung für ihr Team und sämtliche Praxisabläufe.

Das alles machen Praxisinhaber trotz der derzeit oft schwierigen Rahmenbedingungen und der Tatsache, dass der ärztliche Beruf stets herausfordernd ist. Für viele Ärzte ist die Ausübung ihrer Tätigkeit daher auch bis ins hohe Alter sehr erfüllend. Aus dem Ruhestand wird so ein „Unruhestand“ – und es tut sich womöglich die Frage auf, wie sie auch in der Rente noch ihr Wissen und ihre Unterstützung anbieten können. In diesen Bereichen können Mediziner auch nach ihrem Berufsleben noch aktiv mitwirken:    

Job-Idee 1: Medizinischer Sachverständiger

Ärztinnen und Ärzte können nach jahrelanger Praxisarbeit ihre beruflichen Kompetenzen erweitern und als medizinischer Sachverständiger tätig werden. In dieser Position erstellen sie Gutachten für Versicherungen, den Medizinischen Dienst oder für Gerichtsprozesse, können aber auch für Privatpersonen als Gutachter fungieren. Je nach Aufgabengebiet prüfen Sachverständige zum Beispiel Versicherungsansprüche oder klären strittige Fragen bei der Privatabrechnung.

Wer Interesse an einer solchen Tätigkeit hat, kann sich dazu in das Gutachterverzeichnis der zuständigen Ärztekammer eintragen lassen, muss aber eventuell weitere Voraussetzungen erfüllen oder eine Weiterbildung absolvieren. Die Vorgaben sind von Kammer zu Kammer unterschiedlich. Der Vorteil vieler Gutachterjobs ist, dass sie auch eine freie Mitarbeit auf Honorarbasis oder eine Anstellung in Teilzeit ermöglichen.  So haben Niedergelassene im Ruhestand mehr Flexibilität und können sich gegebenenfalls für mehrere Stellen gleichzeitig zur Verfügung stellen, wenn es die Zeit zulässt.

Job-Idee 2: Ärztliche Tätigkeit im Gefängnis

Was im ersten Moment nach einer gefährlichen Aufgabe klingt, ist in Wahrheit eine spannende Möglichkeit, um sich weiterhin medizinisch einzubringen: Anstaltsärztinnen und -ärzte werden in ganz Deutschland händeringend gesucht, um die Grundversorgung von Gefängnisinsassen zu gewährleisten. In JVA tätige Ärzte führen unter anderem die sogenannte Zugangsuntersuchung durch, mit der sie den Gesundheitszustand neuer Häftlinge prüfen. In der Regel haben sie für weitergehende Untersuchungen ein eigenes Behandlungszimmer mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen.

Da die Stelle als Anstaltsarzt den einzelnen Bundesländern unterliegt, ist sie meistens als Beamten- oder Angestelltenverhältnis ausgewiesen. Es ist aber auch hier möglich, auf Honorarbasis zu arbeiten. Als Einstellungsvoraussetzungen sind häufig eine abgeschlossene Facharztausbildung in der Allgemeinmedizin oder Inneren Medizin sowie die ärztliche Approbation vorgesehen. Auch die Zusatzbezeichnung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ wird oft als Kriterium verlangt, um in einer JVA arbeiten zu können.

Job-Idee 3: Ärzte geben Nachhilfeunterricht

Im Studium und auch während der ärztlichen Laufbahn eignen sich Ärzte viel Wissen in den Fächern Biologie und Chemie an. Warum also dieses Know-how nicht an Schülerinnen und Schüler in Form von Nachhilfe weitergeben? Der Bedarf an qualifizierten Nachhilfelehrern ist groß, Institute wie Schülerhilfe, Abacus oder Schülerkreis sind immer auf der Suche nach neuen Mitstreitern. Nachhilfe bietet sich zudem gut als Betätigungsfeld für die Zeit in der Rente an: So nutzen auch viele pensionierte Lehrkräfte die Möglichkeit, nach ihrer beruflichen Tätigkeit ihre Fächer mittels Nachhilfe weiter zu unterrichten.

Die Rahmenbedingungen für diese Tätigkeit sind nicht einheitlich geregelt. Die Nachhilfe erfolgt oft entweder per Einzelunterricht oder in kleinen Lerngruppen von drei bis fünf Schülern. Einige Institute bieten auch begleitende Schulungen an, um Neueinsteiger auf den Job vorzubereiten. Auch anerkannte Lehrgänge sind eine Möglichkeit, die erforderlichen Kenntnisse zu erwerben. Eine entsprechende Online-Fortbildung gibt es zum Beispiel vom Institut für integrative Lerntherapie und Weiterbildung (IFLW).    

Job-Idee 4: Poolärzte im Bereitschaftsdienst

Eine klassische Tätigkeit für Niedergelassene im Ruhestand ist der Bereitschaftsdienst. Diesen treten sie dann als sogenannter Poolarzt an. Poolärzte nehmen freiwillig am Bereitschaftsdienst teil und tragen so zur Entlastung dieser Versorgungsstruktur bei. Nach längeren Rechtsstreitigkeiten herrscht zudem Klarheit über ihren sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie gelten demnach als selbstständig, wenn sie erbrachte Leistungen mit eigener Abrechnungsnummer abrechnen und ein Nutzungsentgelt für bereitgestellte Praxen, Fahrzeuge oder Material der KVen entrichten.

Zwar tragen Poolärzte damit ein unternehmerisches Risiko, können aber von einer Sicherstellungspauschale durch die KVen profitieren. Die genauen Vorgaben regeln die Vereinigungen dabei unterschiedlich – in Baden-Württemberg etwa werden Kooperationsärzte für den Bereitschaftsdienst gesucht, die über die KV sozialversichert sind. Als Vergütung sind ein fester Stundensatz und eine feste Beteiligung am Honorar für die erbrachten GKV-Leistungen vorgesehen. Privatpatienten, BG-Fälle und Totenscheine können Kooperationsärzte selbstständig abrechnen und sich in voller Höhe honorieren lassen.    

Job-Idee 5: Schiffsarzt auf einem Kreuzfahrtschiff

Die Reiselust mit seinem Beruf verbinden: Der Job als Schiffsarzt hört sich auf den ersten Blick nach einer idealen „Worka­tion“ an, ganz so einfach ist es aber nicht. Denn die Position gilt als herausfordernd. Als Teil einer medizinischen Crew sind Teamwork und sehr gute Englischkenntnisse gefragt, um die Besatzung und die Reisenden an Bord im Ernstfall angemessen medizinisch zu versorgen. Anbieter von Kreuzfahrttouren haben zudem oft weitere spezifische Anforderungen für die Rolle des Schiffsarztes. Dazu gehören zum Beispiel aktuelle Kenntnisse in der Notfallmedizin und Strahlenkunde sowie ein sogenanntes Seediensttauglichkeitszeugnis.

Diese Tätigkeit erfordert damit eine gewisse Vorbereitung und eignet sich für Ärztinnen und Ärzte, die sich noch während ihrer beruflichen Laufbahn ein weiteres Standbein aufbauen möchten und nach der Praxisabgabe weitermachen möchten. Wer sich darauf einlässt, kann sich dafür auf eine spannende medizinische Herausforderung und ein attraktives Gehalt freuen. Je nach Reederei oder auch der eigenen Qualifikation können monatlich zwischen 7.500 und 12.500 Euro zusammenkommen. In Erfahrungsberichten schildern Schiffsärzte außerdem, dass sie es als besonders empfinden, Teil einer internationalen Crew zu sein – und trotz des hohen Arbeitspensums auch die Möglichkeit zu haben, die Häfen der Welt zu bereisen und neue Kulturen kennenzulernen.    

Job-Idee 6: Ärztliche Fortbildungen leiten

Sich laufend fortzubilden, ist eine der wichtigsten Aufgaben für Niedergelassene in ihrer Praxistätigkeit. Die Fortbildungen werden häufig von Landesärztekammern und den ihnen zugeordneten Akademien für Ärztliche Fortbildung organisiert. Hier besteht für pensionierte Ärzte die Möglichkeit, als Kursleitende aktiv mitzuwirken. Sie können dabei durch CME-zertifizierte Fortbildungsinhalte ihr Wissen an Kolleginnen und Kollegen weitergeben, in Form von Seminaren, Workshops oder Online-Kursen. Eine weitere vergleichbare Einrichtung ist das Institut für Hausärztliche Fortbildung als Lernakademie des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Gleichzeitig können sich Niedergelassene nach ihrer Praxisabgabe weiterhin selbst fortbilden, die Landesärztekammern haben dazu oft passende Lernangebote speziell für Mitglieder im Ruhestand.

Heiko Fekete

Heiko Fekete

Heiko Fekete ist Wirtschaftsredakteur bei ARZT & WIRTSCHAFT und befasst sich mit Themen rund um wirtschaftliche Praxisführung.

 

Stichwörter