Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
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Steht bei Ihnen in absehbarer Zeit der wohlverdiente Ruhestand an? Dann sind Sie damit nicht allein. Eine ganze Generation an Kolleginnen und Kollegen wird in den nächsten Jahren ihre Praxen abgeben. Denn 36,9 Prozent der Niedergelassenen sind laut Bundesarztregister über 60 Jahre alt. Aber nicht alle hängen aus Altersgründen den weißen Kittel für immer an den Haken. Viele haben nach der Praxisabgabe noch andere Pläne. Welche das sind, analysierte eine aktuelle Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).

Dafür wurde im Rahmen der jährlichen Zi-Praxis-Panel-Befragung von März bis Juli 2024 ein Online-Fragebogen mit dem Schwerpunktthema „Praxisübergaben in der vertragsärztlichen und vertragspsychotherapeutischen Versorgung“ an rund 70.000 Praxen versandt. 4.133 Praxen machten mit und ließen sich in ihre Ruhestandspläne schauen.

 

Unterschiedliche Gründe für die Praxisabgaben

Die meisten der Befragten gehen aus einem bestimmten Grund in den Ruhestand – nämlich altersbedingt (51,4 %). Vorzeitig geben immerhin 19,4 Prozent ihre Praxis ab. Auffallend war hier, dass mehr Ärzte altersbedingt aufhören, während mehr Ärztinnen vorzeitig ihre Praxis abgeben. Und 16,5 Prozent aller Umfrageteilnehmenden wollen ihre Praxis zwar veräußern, aber trotzdem weiterhin als Vertragsarzt oder Vertragsärztin arbeiten. Dabei planen 14,1 Prozent angestellt in einer Praxis oder einem Medizinischen Versorgungszentrum weiterzuarbeiten, ein paar wenige möchten eine neue Praxis an einem anderen Standort eröffnen (2,4 %).

Manche Kolleginnen und Kollegen (9,8 %) ziehen es aber auch vor, den vertragsärztlichen Bereich komplett zu verlassen und zurück in die Klinik zu wechseln oder eine Privatpraxis zu eröffnen. Bei 2,9 Prozent ist die Arztkarriere allerdings endgültig beendet, da sie lieber in einen anderen Beruf wechseln möchten.

Dies sind die Beweggründe für einen vorzeitigen Ruhestand

Die Studie ergündet auch, warum manche Kolleginnen und Kollegen vorzeitig in den Ruhestand gehen möchten. Auf Platz 1 landete hier die hohe Arbeitsbelastung im Praxisalltag mit 68,2 Prozent. Am zweithäufigsten wurden private Faktoren wie zum Beispiel gesundheitliche oder familiäre Gründe genannt (40 %). 24,1 Prozent der Abgabewilligen können sich aber auch schon darüber freuen, dass ihre Altersvorsorge bereits abgesichert ist und sie sich deshalb in den vorzeitigen Ruhestand verabschieden. Fehlendes medizinisches Fachpersonal (22,9 %), zu hohe Kosten (20 %) oder zu niedrige Einnahmen (14,1 %) wurden vergleichsweise seltener genannt.

Anstellung nach Praxisabgabe: Die Motive von Ärztinnen und Ärzten unterscheiden sich stark

Die hohe Arbeitsbelastung tauchte auch als Hauptgrund für die Praxisabgabe bei Ärztinnen auf, die planten in einer Anstellung weiterzuarbeiten. Am zweithäufigsten nannten sie die Hoffnung auf weniger administrative Aufgaben, gefolgt von einer besseren Work-Life-Balance. Ihre männlichen Pendants priorisierten die Gründe etwas anders: Auf Platz 1 kam bei ihnen die bessere Work-Life-Balance, dann die administrativen Aufgaben und schließlich die hohe Arbeitsbelastung.

Hohe Kosten wurden von beiden Geschlechtern ähnlich häufig als Beweggrund genannt (weiblich: 37,8 %, männlich: 37,3 %). Allerdings gaben Männer häufiger zu geringe Praxiseinnahmen an (33,3 % im Vergleich zu 24,4 %). Auch mangelndes Fachpersonal war bei ihnen ein häufigerer Grund als bei Frauen. Umgekehrt war für Frauen die hohe Personalverantwortung ein relevanterer Faktor. Hinsichtlich des Patientenkontakts strebten sie durch die Praxisübergabe häufiger an, diesen zu erhöhen, während sich Männer durch die Praxisübergabe häufiger eine Reduktion des Patientenkontakts erhofften.

Wo Praxisabgebende nach einem Nachfolger suchen

Über die Hälfte der Abgabewilligen hört sich im persönlichen Netzwerk nach einem Nachfolger um. Danach folgen die Praxisbörsen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), die Netzwerke des zuständigen Berufsverbandes, Ausschreibungen des Zulassungsausschusses, Anzeigen in Fachzeitschriften und gewerbliche Dienstleister. 

Von denen, die ihre Nachfolge schon gefunden hatten, berichteten 46,1 Prozent ebenfalls, dass sie über das persönliche Netzwerk fündig geworden sind. Wenig überraschend übergaben daher auch die meisten ihre Praxis an eine bei ihnen angestellte Ärztin beziehungsweise einen angestellten Arzt. Nur 7,9 Prozent gaben an, dass sie über die Praxisbörse der KV ihre Nachfolge gefunden hatten, obwohl 42,8 Prozent diesen Kanal zur Suche nutzten.

Geduld ist bei der Nachfolgersuche allerdings von allen gefordert. Hausärztinnen und Hausärzte suchten im Schnitt 24,2 Monate, die fachärztlichen Kollegen mit 17,1 Monate etwas weniger lang. Kein Wunder, dass sich die meisten Nachfolgesuchenden (78 %) große Sorgen machen, ob sie überhaupt einen passenden Nachfolger für ihre Praxis finden. In logischer Konsequenz empfanden auch alle, die gerade auf Nachfolgersuche sind, diese als sehr beziehungsweise eher aufwendig (83,4 %).

Zufriedenheit mit Verkaufserlös

Fachärztlicher Bereich

  • Entsprach in etwa den Erwartungen: 62,1 Prozent

  • Weniger als erwartet: 8,6 Prozent

  • Deutlich weniger als erwartet: 17,2 Prozent

  • Mehr als erwartet: 8,6 Prozent

  • Deutlich mehr als erwartet: 3,5 Prozent

Hausärztlicher Bereich

  • Entsprach in etwa den Erwartungen: 56,5 Prozent

  • Weniger als erwartet: 17,7 Prozent

  • Deutlich weniger als erwartet: 21 Prozent

  • Mehr als erwartet: 4,8 Prozent

Altersvorsorge durch Praxisabgabe

Trotz des hohen Anteils der Praxisabgebenden, die zufrieden mit ihrem Verkaufserlös waren, widersprachen 86,7 Prozent der Aussage, dass ihre Altersvorsorge durch den Verkaufserlös ihrer Praxis abgesichert ist. Dabei zeigten sich auch signifikante Geschlechterunterschiede. Unter Ärztinnen sahen fast alle (96,7 %) ihre Altersvorsorge durch den Verkaufserlös ihrer Praxis nicht abgesichert, während es bei den Männern 81 Prozent waren.

ARZT & WIRTSCHAFT-Umfrage: Welche Pläne haben Sie nach der Praxisabgabe?

Ich werde mich meiner Familie widmen
Ich gebe meine Praxis in naher Zukunft ab, weil ich zum 1. Oktober 2025 in Rente gehe. Ich würde mich aber immer wieder für eine eigene Praxis entscheiden. Die Selbstständigkeit und Freiheit fand ich gut. Nach der Praxisabgabe widme ich mich erst einmal meiner Familie.
Dipl. med. Petra Becher, Hausärztin aus Bad Klosterlausnitz

Konkrete Pläne für die Zeit nach der Praxis habe ich noch nicht
Ich weiß noch keinen Zeitpunkt für die Praxisabgabe, das ist aktuell für mich noch kein Thema. Daher habe ich auch für die Zeit danach noch keine konkreten Pläne. Für eine eigene Praxis würde ich mich auf jeden Fall wieder entscheiden. Mir gefallen vor allem die freien Gestaltungsmöglichkeiten der ärztlichen Tätigkeiten und auch der Arbeitszeiten.
Dr. med. Thomas Stingl, Hausarzt aus Steingaden

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