So kriegen Sie die Personalkosten der Arztpraxis in den Griff
A&W RedaktionDie Erlöse in Arztpraxen steigen leider nicht so schnell wie die Kosten. Deshalb müssen niedergelassene Ärzte ihre Rentabilität im Auge behalten und Reserven und Potenziale stärker nutzen. Größter Kostenfaktor in der Arztpraxis sind meistens die Personalkosten. Zugleich werden die Mitarbeiter nur selten optimal eingesetzt.
Einen Eindruck über die Personalkosten liefert dem niedergelassenen Arzt der Fachgruppenvergleich. Die einfachste Kennzahl ist dabei die Personalkostenquote. Also das Verhältnis von Personalkosten zu Praxis-Umsatz. In kleinen und mittelgroßen Praxen liegt sie meist zwischen 25 und 30 Prozent. Bei einem Jahres-Umsatz von etwa 240.000 Euro entspricht dies 60.000 bis 72.000 Euro Personalkosten. Liegt Ihre Personalkostenquote deutlich darüber, ist Ursachenforschung fällig.
Praxisteams oft zu groß
Ein häufiger Grund für überdurchschnittlich hohe Personalkosten ist ein zu großes Praxisteam. Subjektiv kann kaum ein Praxisinhaber auf eine Mitarbeiterin verzichten. Doch häufig sind die Abläufe unorganisiert, Zuständigkeiten sind unklar und an Schnittstellen gibt es Reibungsverluste. Ergebnis: An manchen Tagen herrscht Stress und Überlastung, an anderen Leerlauf.
Um zu erkennen, ob organisatorische Schwächen zu einem unnötig großen Praxisteam führen, bietet sich ein weiterer Fachgruppenvergleich an. Pro Fall und Quartal setzen typische Einzelpraxen (mit maximal 40 Prozent Privatpatientenanteil) je nach Fachrichtung zwischen 0,9 und 2,2 Personalstunden ein. Besonders niedrig liegen Augenärzte (0,9 Personalstunden je Fall) und Dermatologen (1,0 Personalstunden je Fall). Besonders hoch liegen Facharzt-Internisten (2,2 Personalstunden je Fall) und Orthopäden (1,8 Personalstunden je Fall).
Schlechte Organisation in der Arztpraxis
Diese Kennzahl ist unmittelbarer Indikator für die organisatorische Qualität einer Praxis. Gebildet wird diese Zahl, in dem die Anzahl der pro Quartal im GKV-Bereich verfügbaren Arbeitsstunden des Praxisteams ohne Reinigungskräfte durch die GKV-Fallzahl geteilt wird. Teilzeitstellen werden anteilig aufaddiert.
Beispiel: Bei einer Teamgröße von 3,5 Stellen im GKV-Bereich ergibt sich ein Arbeitspotenzial von 1.820 Stunden beziehungsweise 520 Stunden Arbeitsvolumen pro Mitarbeiter/Quartal. Liegt die Fallzahl bei 900 Fällen, so werden pro Fall rund 2,02 Stunden aufgewandt. Dieser hohe Wert ist ein deutliches Signal für nicht gut organisierte Praxisabläufe.
Doch auch in Praxen mit guter Organisation und kleinem Team können die Personalkosten hoch sein. Ursache ist häufig ein überdurchschnittlich hohes Gehaltsniveau. Gerade in Praxen mit lang angestellten Mitarbeiterinnen entwickelt sich eine solche Situation über die Jahre.
Zu hohes Gehaltsniveau
Die Tarifbindung sollte unter Umständen zugunsten von frei verhandelbaren Gehaltserhöhungen aufgegeben werden, denn dann besteht für beide Seiten die Chance, Gehaltserhöhungen nicht als Fixum, sondern als leistungsbezogene Prämien zu vereinbaren. Durch die Anbindung dieser Prämien an den wirtschaftlichen Praxiserfolg entsteht die angenehme Situation, dass Praxisteam und Praxisleitung dieselben Ziele verfolgen und gemeinsam auf die wirtschaftlichen Aspekte achten.
Teilzeitstelle als Kostentreiber
Häufig nicht unmittelbar zu erkennen ist der Kostentreiber “Teilzeitstelle”. Natürlich sind Teilzeitstellen optisch zunächst günstiger als Vollzeitstellen. Rechnet man die Vergütung jedoch einmal auf eine Vollzeitstelle hoch, wird nicht selten deutlich, dass die Teilzeitkräfte relativ gesehen am besten vergütet werden. Möglicherweise sogar besser als etablierte Vollzeitkräfte. Und auch bei der Effektivität bleiben Teilzeitkräfte häufig hinter den Vollzeitkräften zurück. Durch erhöhten Abstimmungsbedarf bei Schichtwechsel entstehen vielfach Reibungs- und Informationsverluste, die mühsam und zeitintensiv nachgearbeitet werden müssen.
Schließlich gibt es Fälle, in denen trotz effizienter Praxisabläufe und unauffälligem Gehaltsniveau dennoch eine erhöhte Personalkostenquote zu diagnostizieren ist. Häufig sind das besonders große Praxen, die aufgrund deutlicher Budgetüberschreitung nur einen Bruchteil der geleisteten Arbeit vergütet bekommen. Hier drücken also nicht hohe Personalkosten die Quote über den Fachgruppendurchschnitt, sondern die geringen GKV-Honorarumsätze.
In solchen Fällen steckt der Praxisinhaber in einer ernsten Zwickmühle: Entweder gelingt es, die Umsätze durch Arbeiten außerhalb der GKV auszuweiten, damit der Praxisapparat bezahlt werden kann. Oder Praxisapparat und Fallzahl müssen an die GKV-Geldtöpfe angepasst und zurückgefahren werden.
Die Ursachen hoher Personalkostenquoten
- Organisatorische Mängel kosten Geld: Abläufe sind nicht gut organisiert, Zuständigkeiten unklar, und an den Schnittstellen gibt es Reibungsverluste.
- Ein hohes Gehaltsniveau drückt die Rentabilität: In Praxen, in denen Mitarbeiterinnen lange tätig sind, entwickelt sich häufig über die Jahre durch regelmäßige Gehaltserhöhungen ein hohes Gehaltsniveau.
- Kostentreiber Teilzeitstelle: Rechnet man die Vergütung auf eine Vollzeitstelle hoch, wird nicht selten deutlich, dass die Teilzeitkräfte relativ gesehen am besten vergütet werden.
- Die GKV-Budgetierung verzerrt Quoten: Häufig sind das besonders große Praxen, die aufgrund hoher Budgetüberschreitung nur einen Bruchteil der geleisteten Arbeit vergütet bekommen.
(Autor: Oliver Frielingsdorf/Frielingsdorf Consult)