So machen Sie Ihre Praxis zur akademischen Lehrpraxis
Heiko FeketeIn einer Lehrpraxis sammeln angehende Ärztinnen und Ärzte wertvolle Erfahrungen und bereiten sich auf ihre medizinische Laufbahn vor. Das Konzept bietet für Niedergelassene verschiedene Vorteile und könnte sich in absehbarer Zeit ausweiten.
Der Blick in die Zahlen zeigt, dass der Bedarf an qualifizierter Ausbildung für den ärztlichen Nachwuchs steigen wird. Zum Wintersemester 2023/24 haben nach Angaben des Dachverbands „Deutsche Hochschulmedizin e.V.“ rund 113.000 Studierende das Fach Humanmedizin studiert. Vor zehn Jahren waren es noch an die 86.000 Studierende, die dafür eingeschrieben waren. Um die medizinischen Grundlagen zu vertiefen, sind während des Medizinstudiums unter anderem Blockpraktika vorgesehen.
Diese können die angehenden Ärzte in Lehrkrankenhäusern absolvieren, aber auch innerhalb der ambulanten Versorgung in akademischen Lehrpraxen. Mit diesem Modell sollen teilnehmende Praxisinhaber den Studierenden das breite Spektrum der hausärztlichen Tätigkeit zeigen und sie möglichst aktiv in den Praxisalltag und die dazugehörigen Abläufe einbinden. Insbesondere bei der Patientenversorgung ist es hierbei wichtig, den ärztlichen Nachwuchs während der praktischen Phase engmaschig zu begleiten.
Arztpraxen müssen für Lehrauftrag geeignet sein
Um als Lehrpraxis tätig zu werden, sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Diese legen in der Regel die Institute für Allgemeinmedizin an den jeweiligen Universitätskliniken fest, so sieht es auch § 3 der aktuellen Fassung der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) vor. Sie können von Einrichtung zu Einrichtung variieren. Zu den häufigsten Anforderungen der Institute zählen:
persönliche Eignung, Begeisterung und Freude an der Lehre
mehrjährige Niederlassung
allgemeinmedizinisches Spektrum ohne einseitige Praxisausrichtung
regelmäßige Hausbesuche
geeignete Räumlichkeiten in der Praxis für Studierende
vorgeschriebene Zahl an zu behandelnden GKV-Patienten pro Quartal (zum Beispiel 500/Quartal)
Oft wird auch vorausgesetzt, dass die Lehrpraxis eine Unterkunft für Studierende stellt. Zudem unterstützen die Fakultäten interessierte Praxisinhaberinnen und -inhaber oftmals durch Fortbildungen im Bereich Didaktik. Sie legen auch fest, wie hoch die Vergütung für die Praktikumseinsätze sind. Für ein einwöchiges Blockpraktikum erhalten Lehrpraxen der Universität Bielefeld beispielsweise eine Aufwandsentschädigung von 250 Euro.
Lehrpraxis kann zusätzlich zur PJ-Praxis werden
Für anerkannte Lehrpraxen besteht außerdem die Möglichkeit, sich als PJ-Praxis akkreditieren zu lassen. Mit dieser Auszeichnung können Medizinstudierende ein Tertial ihres Praktischen Jahrs in der entsprechenden Arztpraxis ablegen und sich Kompetenzen und Fertigkeiten für das M3-Examen aneignen. Die Ausbildung im Rahmen einer PJ-Praxis ist daher auch aufwendiger und zeitintensiver.
Sie erfordert insbesondere, dass interessierte Ärzte schon reichlich Erfahrung im Umgang mit Studierenden vorweisen und sich didaktisch fortgebildet haben. Die Details zur Zertifizierung einer PJ-Praxis regelt, wie die Anerkennung zur Lehrpraxis, jede medizinische Fakultät unterschiedlich. Ein Pluspunkt ist der finanzielle Aspekt: PJ-Praxen erhalten in der Regel eine erhöhte Aufwandsentschädigung.
Das Konzept der medizinischen Ausbildung in einer Lehrpraxis könnte in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen, sollte die Reform der ärztlichen Approbationsordnung beschlossen werden. Ein Entwurf sieht vor, dass die neue ÄApprO am 30. September 2027 in Kraft treten soll. Dabei sollen Universitäten unter anderem dazu verpflichtet werden, geeignete ärztliche Praxen in das Studium als Lehrpraxen einzubeziehen. Wie es mit der geplanten Reform weitergeht und ob der Zeitplan eingehalten werden kann, ist derzeit allerdings offen.
Lehrpraxen bieten Raum zur Forschung und Vernetzung
Viele Universitäten suchen bereits nach neuen Mitstreitern, um ihren Pool an Lehrpraxen zu erweitern. Der damit verbundene Aufwand lohnt sich für Praxischefs aus verschiedenen Gründen. Allen voran bietet die Tätigkeit als Lehrpraxis ein ideales Feld, um Werbung für den Praxisalltag in der Allgemeinmedizin zu machen und Medizinstudierende davon zu begeistern.
Sie profitieren auch vom Erfahrungsaustausch mit dem ärztlichen Nachwuchs, der oft auch neue Perspektiven und Ansätze in der medizinischen Arbeit bereithält. Im besten Fall können junge Ärztinnen und Ärzte durch Blockpraktika und PJ eine wertvolle Entlastung sein und sich vielleicht sogar als angehende Ärzte in Weiterbildung oder Praxisnachfolger erweisen.
Innerhalb der medizinischen Fakultäten sind teilnehmende Praxen oft über ein Lehrpraxen-Netzwerk miteinander vernetzt. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, mit Kolleginnen und Kollegen in den Austausch zu kommen, Wissen untereinander zu vermitteln und so voneinander zu profitieren. Die Fakultäten bieten darüber hinaus weitergehende Vernetzungsmöglichkeiten, so sind sie oft Teil eines Verbunds von Forschungspraxen, um medizinische Forschung voranzutreiben und so auch auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu sein.
Ein weiteres Beispiel für eine Forschungsinitiative ist die „Initiative Deutscher Forschungspraxennetze – DESAM-ForNet“. Damit wird der bundesweite Aufbau von Forschungsinfrastruktur in der hausärztlichen Primärversorgung gefördert. Von 40 allgemeinmedizinischen Universitätsstandorten haben sich bereits 32 in der Initiative DESAM-ForNet zusammengeschlossen. Ziel ist es, auf relevante Fragestellungen im Praxisalltag wissenschaftlich fundierte Antworten zu liefern. Im Zentrum stehen dabei Patienten sowie Hausärztinnen und -ärzte mit ihren Praxisteams. Über 1.400 Praxen haben sich der Struktur bereits angeschlossen.