Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
Inhaltsverzeichnis

Künstliche Intelligenz (KI) verbreitet sich auch im Gesundheitswesen mit Hochdruck. Manche Fachgebiete wie die Radiologie und Dermatologie verändert KI schon grundlegend, da sie große Mengen an Bilddaten sehr schnell verarbeiten kann. So gibt es in der Radiologie bereits zahlreiche KI-Softwareprodukte. Auch in der Dermatologie unterstützt KI die Kolleginnen und Kollegen – zum Beispiel mit KI-Ganzkörperscannern, mit deren Hilfe sich mehr bösartige Melanome in frühen Stadien entdecken lassen als mit dem bloßen Auge.

Weltweit steigt die Besorgnis über die ungebremste KI-Entwicklung

 

Das klingt auf der einen Seite positiv, aber auf der anderen Seite bleibt die Frage: Wie gut ist die diagnostische Genauigkeit der künstlichen Intelligenz wirklich? Wie kritisch wird diese irgendwann noch überprüft werden? Und welche Rolle wird der Mensch in Zukunft spielen? Selbst Sam Altman, der CEO von OpenAI – der Firma, die ChatGPT entwickelt hat – warnte schon 2023 mit Hunderten weiterer KI-Experten vor den Gefahren einer unregulierten Maschinenintelligenz. Da es bis heute keine Regulierung gibt, lässt sich die Infiltration der KI in alle Lebensbereiche aber nicht mehr aufhalten.

Auf der ganzen Welt sind inzwischen viele Menschen wegen dieser Entwicklung besorgt – wie auch eine weltweite Studie des nichtstaatlichen US-Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center zeigt, die Mitte Oktober 2025 veröffentlicht wurde. Demnach sind 34 Prozent der Befragten besorgt über die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf das tägliche Leben, 42 Prozent sind gleichermaßen besorgt und begeistert, 16 Prozent sind ausschließlich begeistert (in Deutschland: 29 %, 53 % und 17 %).

Neben dieser Studie deuten weitere jüngste Erkenntnisse auch auf Bedenken hin, was den Einsatz von KI-Produkten in der Medizin und KI-generierte medizinische Ratschläge betrifft.

Neue Studie zeigt Auswirkung für Ärzte, die KI nutzen    

Noch nicht erforscht war hingegen, wie Patienten Ärztinnen und Ärzten wahrnehmen, die KI einsetzen. Und genau da setzte ein Forscherteam aus Deutschland an. Dr. Moritz Reis und Prof. Wilfried Kunde vom Lehrstuhl für Psychologie an der Universität Würzburg und Florian Reis vom Institut für Medizinische Informatik an der Charité Berlin untersuchten, wie ärztliche Aussagen zu verschiedenen Arten der KI-Nutzung (diagnostisch, therapeutisch und administrativ) die Patientenwahrnehmung beeinflussen. An der Studie Public Perception of Physicians Who Use Artificial Intelligence", die im Juli 2025 veröffentlicht wurde, nahmen insgesamt 1.276 Erwachsene teil. Diesen wurden fiktive Anzeigen von Hausärzten gezeigt, wie sie in sozialen Medien oder auf Plakatwänden zu sehen sein könnten.

Alle Teilnehmer erhielten ähnliche Werbeanzeigen, die sich nur in einem wichtigen Punkt unterschieden: Es gab eine Kontrollgruppe, die eine Werbeanzeige ohne eine Aussage zum Einsatz von KI enthielt, den anderen wurde jeweils eine Anzeige präsentiert, die erwähnte, dass der jeweilige Arzt künstliche Intelligenz für administrative, diagnostische oder therapeutische Zwecke einsetzt. Anschließend bewerteten die Probanden auf einer Fünf-Punkte-Skala den vorgestellten Arzt hinsichtlich seiner wahrgenommenen Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit und Empathie sowie die eigene Bereitschaft, einen Termin bei diesem Arzt zu vereinbaren.

Die Ergebnisse waren eindeutig: In jeder KI-Bedingung wurde der dargestellte Arzt als deutlich weniger kompetent, weniger vertrauenswürdig und weniger einfühlsam wahrgenommen im Vergleich zur Kontrollbedingung. Darüber hinaus zeigten die Teilnehmer eine deutlich geringere Bereitschaft, einen Termin bei dem dargestellten Arzt zu vereinbaren, wenn irgendeine Art von KI-Einsatz erwähnt wurde.

Ausblick in die Zukunft: Für Ärzte ist  Transparenz besonders wichtig

Die Studienergebnisse bestätigten ebenfalls die bereits bekannten Erkenntnisse aus der Wissenschaft, wonach Menschen dem Einsatz künstlicher Intelligenz in der Medizin mit Zurückhaltung begegnen. Obwohl ihre gemessenen Auswirkungen noch moderat ausfallen – besonders bei der Nutzung von KI für Verwaltungsaufgaben – empfehlen die Studienautoren, diese Befunde ernst zu nehmen. Denn das Vertrauen der Patienten in ihre Ärztinnen und Ärzte hat einen direkten Einfluss auf den Therapieerfolg.

In ihrer Studie legen die Wissenschaftler auch mögliche Gründe für die zurückhaltende Haltung der Bevölkerung nahe: Sorgen darüber, dass Ärztinnen und Ärzte zu abhängig von technischen Systemen werden könnten, Befürchtungen über eine Verschlechterung der zwischenmenschlichen Arzt-Patient-Beziehung sowie Ängste bezüglich des Schutzes persönlicher Daten und möglicher Kostensteigerungen im Gesundheitssystem.

Sie weisen außerdem noch darauf hin, dass es aus Sicht der Ärzte wichtig sein könnte, die Gründe für den Einsatz von KI transparent zu kommunizieren und die potenziellen Vorteile für Patienten hervorzuheben.

Noch ein Hinweis: Die Verallgemeinerbarkeit der Studienergebnisse ist durch mehrere Faktoren begrenzt: So wurden ausschließlich hypothetische Szenarien verwendet. Die Testmaterialien waren eher künstlich gestaltet und es wurden nur Probanden befragt, die sich zur Teilnahme an einem solchen Experiment bereit erklärt hatten. Künftige Untersuchungen sollten daher praxisnähere Bedingungen schaffen und zusätzliche Einflussfaktoren berücksichtigen, etwa die bisherigen Erfahrungen der Patienten mit KI-Technologien und digitalen Anwendungen im Allgemeinen.

ARZT & WIRTSCHAFT-Umfrage: Was halten Sie von künstlicher Intelligenz?

Künstliche Intelligenz ist für mich automatisierte Dummheit
Ich nenne KI auch „automatisierte Dummheit“. Denn eine KI ist im Patientenkontakt nur so gut, wie der Patient bereit ist, alles zu erzählen. Wenn ein Arzt das persönliche Gespräch sucht, kristallisiert sich viel deutlicher das Krankheitsbild heraus. Überspitzt gesagt: Wenn ein Patient jedes Mal meint, er stirbt, kann der Arzt das realistisch einschätzen.
Dr. med. Gerhard M., Hausarzt aus Mecklenburg-Vorpommern

KI ist ein komisches Gebräu aus Wissen, Halbwissen und Unwissen
In der Praxis arbeite ich noch nicht mit KI. Deren Einsatz in der Medizin empfinde ich problematisch – und nicht nur da. Ich sehe KI generell höchst kritisch. Sie kann nicht zwischen „Blödelaussagen“ und den Aussagen eines Professors unterscheiden, also nicht entscheiden, was Fehlinformationen sind oder welche Aussagen fundiert sind. Für mich ist KI ein komisches Gebräu aus Wissen, Halbwissen und Unwissen.
Dr. med. Lorenz Eberle, Hausarzt aus Geisenfeld

Wir werden in Zukunft gern mit künstlicher Intelligenz arbeiten
Aktuell nutzen wir noch keine KI. In Zukunft wollen wir aber gern damit arbeiten. Es gibt schon hilfreiche Systeme wie KI-basierte Telefonassistenten. Demnächst soll ein KI-System eingeführt werden, dass mithilfe von KI eine eigenständige Anamnese und Befunde ermöglicht. Diese erscheinen dann am Bildschirm des Arztes.
Dr. med. Mehmet Toraman, Hausarzt aus Schwabach

Stichwörter