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Arbeitsrecht

Die Impfung gegen COVID-19 ist freiwillig. Während die einen hoffnungsvoll auf einen Impftermin warten, wollen sich andere lieber nicht impfen lassen. Wie die aktuelle Eurobarometer-Umfrage ergab, sind 33 Prozent der EU-Bürger skeptisch was die Corona-Impfung betrifft. Sie wollen sich entweder in diesem Jahr noch nicht impfen lassen oder sogar überhaupt nicht. Auch in Arztpraxen steht es Mitarbeitern frei, sich für oder gegen eine Impfung zu entscheiden. Das wirft die Frage auf, ob Praxisinhaber besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen können oder müssen, um sich, die Belegschaft und die Patienten möglichst umfassend vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 zu schützen. Denkbar sind etwa regelmäßige Abstriche, wie sie in manchen Praxen und Kliniken bereits üblich sind.

In anderen Branchen ist man von einer solchen Selbstverständlichkeit weit entfernt. Hier wird noch nach Kräften gestritten. Nun hatte ein erstes Arbeitsgericht über die Rechtmäßigkeit von verpflichtenden Corona-Tests am Arbeitsplatz zu entscheiden.

Wie dringend ist dringend?

Ein Unternehmen im Raum Offenbach hatte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über verpflichtende PCR-Tests abgeschlossen. Danach durften Arbeitnehmer das Werksgelände nur betreten, wenn sie zuvor einen entsprechenden Test gemacht hatten.

Ein Arbeitnehmer widersetzte sich der Anweisung, eine PCR durchführen zu lassen. Er sah sich dadurch in seinem Recht auf Selbstbestimmung und durch den invasiven Abstrich in seiner körperlichen Unversehrtheit verletzt. Daher begehrte er im Eilverfahren, auch ohne Test zur Arbeit gelassen zu werden. Allerdings scheiterte er – wenn auch nur deshalb, weil er die Eilbedürftigkeit seines Begehrens nicht ausreichend dargelegt hatte. In der Sache ist daher noch nicht entschieden. „Verpflichtende Corona-Tests sind von der Eingriffsintensität weitaus höher zu beurteilen als etwa reine Fiebermessungen“, kommentiert Prof. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. „Sie können daher nur zulässig sein, wenn der Arbeitgeber ein besonders berechtigtes Interesse nachweisen kann. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn sich der Arbeitnehmer zuvor in einem Risikogebiet aufgehalten hat.“

Maskenpflicht am Arbeitsplatz

Auch das Arbeitsgericht Siegburg musste sich gerade erst mit coronabedingten Problemen befassen. Konkret ging es um einen Arbeitnehmer, der aufgrund eines ärztlichen Attests seine Arbeit ohne Maske oder Gesichtsvisier verrichten wollte. Der Arbeitgeber verweigerte ihm jedoch die Beschäftigung und argumentierte mit seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Rest der Belegschaft und dem Schutz der Kunden. Dagegen hatte sich der Maskenverweigerer zur Wehr gesetzt und – ebenfalls per einstweiliger Verfügung – beantragt, dass ihm die weitere Tätigkeit vor Ort ohne Maske oder Gesichtsvisier gestattet werde. Auch er scheiterte mit seinem Ansinnen.

Lieber auf Nummer sicher

„Selbst in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer aus medizinischer Indikation keine Mund-Nasen-Bedeckung oder ein Gesichtsvisier tragen muss, kann der berechtigte Infektionsschutz für übrige Mitarbeiter und Besucher das Beschäftigungsinteresse des Einzelnen überwiegen. Der Arbeitnehmer darf dann dem fraglichen Mitarbeiter den Zutritt zur Arbeit verwehren“, erläutert Prof. Fuhlrott.

Für den Hamburger Arbeitsrechtler macht das Urteil auch deutlich, dass eine pauschal ärztlich attestierte Maskenbefreiung nicht genügt, um einen Beschäftigungsanspruch zu begründen. Vielmehr dürfen Arbeitgeber selbst in Fällen medizinisch begründeter Befreiungen den Schutz der übrigen Belegschaft und der Kunden höher gewichten als den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers.

SCHWIERIGE ABWÄGUNG
Fürsorgepflichten und Infektionsschutz einerseits, Datenschutz andererseits: Corona-Tests am Arbeitsplatz sind aus rechtlicher Sicht heikel, denn Gesundheitsinformationen von Arbeitnehmern unterliegen dem erweiterten Schutz des § 9 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung. Ihre Erhebung und Speicherung ist daher nur in Ausnahmesituationen erlaubt.