Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Sozialrecht

Arbeiten von zu Hause aus: Was in anderen Branchen längst Usus ist, bleibt im Gesundheitswesen weiter die Ausnahme. Mögen die Fortschritte in der Telemedizin noch so bedeutend sein: Der direkte Kontakt zwischen dem ärztlichen Personal und den Patienten bleibt der Goldstandard. Außerdem lassen sich zum Beispiel Blut- und Urinproben nach wie vor nicht online gewinnen.

Gleichwohl sind Ärztinnen und Ärzte regelmäßig mit dem Thema Homeoffice konfrontiert. Zum Beispiel dann, wenn Patienten darum bitten, „bürountauglich“ geschrieben zu werden, also eine ärztliche Bescheinigung haben möchten, wonach sie nur im Homeoffice arbeiten können. 

Arzt verschreibt Homeoffice: nur eine Empfehlung

Eine solche Bescheinigung hat allerdings Tücken. Denn selbst wenn der Arzt diesem Wunsch entspricht, hat das vermeintliche Homeoffice-Attest keinen rechtsverbindlichen Charakter. Der Grund: Das deutsche Arbeitsrecht kennt im Wesentlichen nur zwei Gesundheitszustände bei Arbeitnehmern. Erstens: arbeitsfähig, und zweitens: arbeitsunfähig krank. Eine Teilarbeitsfähigkeit gibt es bisher hingegen nicht. 

Ein Homeoffice-Attest, wonach ein Patient nur von zu Hause aus arbeiten kann (etwa, weil er wegen einer Immunschwäche möglichst wenig Kontakte mit anderen Menschen haben soll), hat daher nur den Charakter einer Empfehlung. Und das bedeutet: Der Chef ist nicht daran gebunden. 

Ärztliche Empfehlung von Homeoffice hat keine Rechtswirkung

Ärzte, die ihren Patienten ein solches Attest ausstellen, sollten daher Erwartungsmanagement betreiben und darauf hinweisen, dass das Dokument, anders als eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, keine automatischen Rechtswirkungen auslöst. 

Das liegt auch daran, dass es in Deutschland keinen verbindlichen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice gibt. Vielmehr gilt – von wenigen Ausnahmen abgesehen: Die Entscheidung, wann und wo ein Angestellter seinen Job erledigen soll, obliegt dem Arbeitgeber. Er muss dabei zwar die Interessen des Beschäftigten berücksichtigen – aber am Ende hat der Chef eben doch das letzte Wort.

Was in der ärztlichen Empfehlung zum Homeoffice stehen sollte

Damit ist ein weiterer Problempunkt angesprochen. Denn ein Arbeitgeber kann die Interessen eines gesundheitlich angeschlagenen Mitarbeiters nur dann ausreichend berücksichtigen, wenn er möglichst genau weiß, worin dessen Einschränkungen bestehen. Vor diesem Hintergrund ist es also ratsam, die ärztliche Empfehlung so genau wie möglich zu formulieren, ohne eine Diagnose preiszugeben. Das kann, je nach Berufsbild des Patienten, eine Herausforderung darstellen. 

Denkbar sind etwa Formulierungen, wonach beim besagten Patienten eine gesundheitliche Einschränkung besteht, die sich durch die Arbeit im Homeoffice deutlich mindern ließe, sodass es aus ärztlicher Sicht empfehlenswert erscheint, die beruflichen Aufgaben  für den Zeitraum X in die heimischen vier Wände zu verlegen. Arbeitgeber, die ein so formuliertes Schreiben erhalten,  sollten alle wichtigen Informationen haben und sind im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht (§ 618 BGB) verpflichtet, auf die Belange des Betroffenen Rücksicht zu nehmen. Wenn es organisatorisch darstellbar ist, kann damit auch ein (befristets) Recht auf Homeoffice einhergehen.

Gleiches Recht für alle

Damit ist zugleich gesagt, dass es auch Fälle geben kann, in denen etwa eine MFA, die vor allem Verwaltungsaufgaben ohne Patientenkontakt erledigt, vorübergehend die Erlaubnis zum Homeoffice erhalten kann. 

Kein grundsätzliches Recht auf Homeoffice

Grundsätzlich können Ärztinnen und Ärzte Patienten kein Homeoffice verordnen. Sie haben aber die Möglichkeit, eine entsprechende Empfehlung gegenüber dem Arbeitgeber auszusprechen. Diese sollte möglichst detailliert sein und den Zeitraum festlegen, für den die Arbeit zu Haus medizinisch angezeigt erscheint. Bei Patienten mit einer anerkannten Schwerbehinderung hat ein ärztliches Attest besonderes Gewicht und muss im Rahmen der Interessenabwägung vom Arbeitgeber berücksichtigt werden.

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