ICD-10 A69.2: Lyme-Borreliose
Marzena SickingMedizinische Definition
Die Lyme-Borreliose (ICD-10-GM: A69.2) ist eine durch Spirochäten der Spezies Borrelia burgdorferi sensu lato verursachte, vektorübertragene Infektion. Sie wird primär durch den Stich von Zecken (in Europa v. a. Ixodes ricinus) übertragen. Die Infektion ist in Mitteleuropa die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung. Der Erreger gehört zur Familie der Spirochaetaceae und zeigt ein breites klinisches Manifestationsspektrum.
Der ICD-10-Code A69.2 dient als Hauptkodierung. Ergänzend können ggf. spezifischere Diagnosen (z. B. M01.2 – Lyme-Arthritis, G01 – Neuroborreliose) zusätzlich verschlüsselt werden. Die Kodierung erfolgt als gesichert (G), sobald eine klinisch-epidemiologische Diagnose vorliegt; ein Labornachweis ist zwar wünschenswert, aber nicht in jedem Fall erforderlich.
Ätiologie und Übertragung
Der Hauptüberträger ist die Schildzecke (Ixodes ricinus), deren Verbreitung stark von geografischen und klimatischen Faktoren abhängt. Das Risiko der Übertragung steigt mit der Dauer des Saugvorgangs (≥ 12 Stunden signifikant). Etwa 5–35 % der Zecken in Endemiegebieten sind mit Borrelia-Spezies infiziert.
Die Erregerpersistenz erfolgt in verschiedenen Geweben (Haut, Gelenke, ZNS), wodurch es zu einem mehrphasigen Verlauf kommen kann.
Die 3 Stadien der Lyme-Borreliose
Eine Lyme-Borreliose verläuft typischerweise in drei Stadien, wobei nicht alle Phasen durchlaufen werden müssen:
Stadium I: Lokalinfektion
Erythema migrans (EM): ringförmige, zentrifugal wachsende Rötung um die Einstichstelle
grippeähnliche Allgemeinsymptome
Stadium II: Früh-disseminierte Borreliose
multiple EM, Lymphadenosis cutis benigna
kardiale Manifestationen (Myokarditis, AV-Block)
frühe Neuroborreliose (z. B. Bannwarth-Syndrom: radikuläre Schmerzen, Fazialisparese)
Stadium III: Spätmanifestation (Monate bis Jahre nach Infektion)
Lyme-Arthritis (oft monoartikulär, Kniegelenk bevorzugt)
chronisch-progressive Neuroborreliose
Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA)
Diagnostik
Die Diagnostik erfolgt in erster Linie klinisch. Der Nachweis erfolgt serologisch durch zweistufiges Verfahren (ELISA und Immunoblot). Bei unklaren Fällen mit ZNS-Beteiligung: Liquordiagnostik (intrathekale Antikörpersynthese, Lymphozytose, evtl. Oligoklonale Banden). Ein negativer serologischer Befund schließt in frühen Stadien (v. a. beim Erythema migrans) die Erkrankung nicht aus.
Die direkte Erregerdiagnostik (z. B. PCR) ist derzeit nur in Einzelfällen (z. B. Gelenkpunktat, Liquor, Biopsie) sinnvoll und nicht routinemäßig empfohlen.
Therapie der Lyme-Borreliose
Die Behandlung richtet sich nach Stadium und Manifestation. Die Therapieempfehlungen beruhen auf den S3-Leitlinien (AWMF 030-071):
Erythema migrans: Doxycyclin 2×100 mg/d p.o. für 10–14 Tage
Neuroborreliose: Ceftriaxon i.v. 2–4 Wochen (alternativ Doxycyclin bei milder Symptomatik)
Lyme-Arthritis: Doxycyclin 3–4 Wochen, ggf. i.v.-Therapie bei Therapieversagen
Eine längerfristige oder wiederholte Antibiotikatherapie bei „chronischer Borreliose“ ist nicht evidenzbasiert und wird von Fachgesellschaften nicht empfohlen.
Abrechnung und Kodierung
Die Kodierung erfolgt unter A69.2. Bei spezifischen Manifestationen sollte zusätzlich kodiert werden:
G63.0: Neuropathie bei Borreliose
M01.2: Lyme-Arthritis
L90.4: ACA
Z22.3: Kontakt mit und Exposition gegenüber Spirochäten (z. B. Zeckenbiss ohne Symptome)
Im EBM sind Leistungen wie Hautuntersuchungen, serologische Tests und ggf. Liquoranalyse relevant. Ein ICD-Zusatzkennzeichen (z. B. G, V, A) ist in der Primärdokumentation mitzuführen.
Quelle:RKI - Publikationen und Daten, BfArM - Startseite, Deutsche Borreliose-Gesellschaft e.V.
Borreliose: Informationen für Patienten
Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die nach einem Zeckenstich entstehen kann – sie ist aber nicht jeder Zeckenstich automatisch gefährlich. Die Infektion macht sich meist durch eine kreisrunde Rötung um die Einstichstelle bemerkbar, das sogenannte Erythema migrans. Dieses kann Tage oder Wochen nach dem Stich auftreten.
Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt, lässt sie sich mit Antibiotika gut behandeln. Unbehandelt kann Borreliose auf das Nervensystem, die Gelenke oder die Haut übergreifen. Deshalb ist es wichtig, nach einem Zeckenstich aufmerksam zu bleiben: Kommt es zu grippeähnlichen Symptomen, Hautveränderungen oder ungewöhnlichen Schmerzen, sollten Sie ärztlichen Rat einholen.
Ein wirksamer Schutz besteht in konsequenter Zeckenprophylaxe: lange Kleidung, Repellents, gründliches Absuchen nach Aufenthalten im Freien – besonders in Wiesen, Wäldern oder Gärten. Zecken sollten so früh wie möglich, aber fachgerecht entfernt werden.