Nie erfolgte Hausbesuche abgerechnet – Arzt sitzt seit März 2025 in U-Haft
Marzena SickingMehr als 6.000 Hausbesuche tauchen in den Abrechnungen eines Hausarztes aus Niederbayern auf – doch viele Patienten sollen den Arzt nie gesehen haben. Dem Mediziner wird nun Betrug vorgeworfen.
Ein Arzt aus Niederbayern soll über Jahre hinweg umfangreichen Abrechnungsbetrug begangen haben. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg wurde Anklage wegen Betrugs in 13 Fällen erhoben. Der mutmaßliche Schaden beläuft sich auf mindestens 1,6 Millionen Euro. Der Mediziner befindet sich seit März 2025 in Untersuchungshaft. In den Abrechnungen sollen mehr als 6.000 Hausbesuche aufgetaucht sein, die tatsächlich nie stattgefunden haben. Der Tatzeitraum erstreckt sich nach derzeitigen Ermittlungsständen vom dritten Quartal 2021 bis zum dritten Quartal 2024. Anlass der Ermittlungen war eine Strafanzeige der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) aufgrund auffälliger Abrechnungsdaten.
Nach Darstellung der Ermittler agierte der Beschuldigte unter anderem als sogenannter „Poolarzt“ der KVB. Poolärzte übernehmen ohne eigenen Vertragsarztsitz Bereitschaftsdienste und rechnen diese Leistungen über Kooperationsvereinbarungen mit der KVB ab. Im Zuge von 13 Quartalsabrechnungen soll der Angeschuldigte eine Vielzahl nicht erbrachter oder nicht abrechenbarer Leistungen in Rechnung gestellt haben. Neben den fingierten Hausbesuchen wird ihm in über 600 Fällen vorgeworfen, Gebührenordnungspositionen genutzt zu haben, die eine persönliche Anwesenheit beim Patienten voraussetzen, obwohl lediglich telefonische Beratungen erfolgt sein sollen.
Die Generalstaatsanwaltschaft betont, dass es sich um Vorwürfe handelt und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung die Unschuldsvermutung gilt. Das Landgericht Nürnberg-Fürth entscheidet über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens. Bei einer Verurteilung drohen strafrechtliche Sanktionen sowie die Einziehung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte.
Die Ermittlungen wurden von der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg geführt. Die vermutete Schadenssumme von mindestens 1,6 Millionen Euro ergibt sich aus den mutmaßlich zu Unrecht abgerechneten Gebührenordnungspositionen für nicht erbrachte Hausbesuche sowie Positionen, die eine persönliche Anwesenheit voraussetzen.
Quelle:dpa, Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg – Pressemitteilung; Süddeutsche Zeitung; BR24; Deutsches Ärzteblatt; Apotheke Adhoc.