Praxisbegehung: Das Gesundheitsamt kommt!
Ina ReinschEine Praxisbegehung durch das Gesundheitsamt folgt in der Regel einem vorgegebenen Ablaufplan. Wer diesen kennt und sich mit dem Praxisteam gut vorbereitet, muss keine Angst davor haben. Was die Kontrolleure prüfen, woran es oft hapert und wie Sie sich vorbereiten können.
Das Gesundheitsamt kommt – diese Ankündigung führt bei vielen Praxisinhaberinnen und -inhabern zu einem Anflug von Panik. Die Angst vor überkorrekten Kontrolleuren ist groß. Mit einer strukturierten Vorbereitung lässt sich die größte Verunsicherung eindämmen. Und wer einen Perspektivwechsel schafft, weg von „Die wollen mir bestimmt etwas anhängen“ hin zu „Mal sehen, wie gut wir schon sind und was wir noch verbessern können“, kann der Situation vielleicht auch eine positive Seite abgewinnen.
Praxen, die ambulante Operationen anbieten, haben häufiger mit dem Gesundheitsamt zu tun. Aber auch jede andere Arztpraxis kann vom Gesundheitsamt überprüft werden. Manchmal liegen dem Besuch konkrete Beschwerden zugrunde, oft führen die Gesundheitsämter aber auch Schwerpunktkontrollen durch. So kann es in einem Jahr vermehrt Allgemeinmediziner und Hausärzte treffen, in anderen Jahren Ärzte anderer Fachrichtungen.
In der Regel kündigen die Gesundheitsämter ihren Besuch schriftlich an. Sie prüfen bei der Begehung, ob das Infektionsschutzgesetz eingehalten wird. Daneben können auch andere Behörden die Praxis kontrollieren, etwa die Gewerbeaufsicht, die Kassenärztliche Vereinigung oder die Berufsgenossenschaft. Die infektionsschutzrechtliche Überwachung der Arztpraxen durch die Gesundheitsämter findet ihre Rechtsgrundlage unter anderem im Infektionsschutzgesetz, im Gesundheitsdienstgesetz der Länder, den Länderhygiene-Verordnungen, den KRINKO-Empfehlungen sowie der Trinkwasserverordnung. Eine Praxisbegehung läuft in der Regel dreistufig ab:
Ankündigung
Termin vor Ort
Protokoll und Mängelbeseitigung
Die Ankündigung
Mit der Ankündigung der Praxisbegehung, die meist einige Wochen im Voraus erfolgt, fordert das Gesundheitsamt in der Regel eine schriftliche Selbstauskunft sowie wichtige Dokumentationen an. Dabei wird unter anderem um Einsicht in den Hygieneplan und den Reinigungs- und Desinfektionsplan gebeten. Große Mängel können nach der Ankündigung einer Praxisbegehung meist nicht mehr behoben werden. Aber es bleibt noch genügend Zeit, die Praxis kritisch in Augenschein zu nehmen und die Dokumentation auf den aktuellen Stand zu bringen. Außerdem sollten Praxischefs die Mitarbeitenden auf den Termin vorbereiten. Denn die Kontrolleure stellen auch ihnen Fragen oder lassen sich Abläufe zeigen.
Besondere Aufmerksamkeit sollten Praxisinhaber dem Hygieneplan widmen. Eine unbearbeitete Vorlage aus dem Internet genügt den Anforderungen nicht. Der Hygieneplan ist ein individuell für die jeweilige Praxis erstelltes Dokument. Er umfasst sämtliche Regelungen, die das Hygienemanagement betreffen, und berücksichtigt die Vorschriften des Infektionsschutz-, Medizinprodukte- und Arbeitsschutzrechts.
Die Verpflichtung, einen Hygieneplan zu erstellen, ergibt sich aus dem Infektionsschutzgesetz, den Hygieneverordnungen der Länder und berufsgenossenschaftlichen Vorgaben. Der Hygieneplan ist übrigens auch für Reinigungskräfte verbindlich.
Der Hygieneplan sollte unter anderem folgende Punkte beinhalten:
Händehygiene, Praxiskleidung, Bereichskleidung, persönliche Schutzausrüstung
Wäscheaufbereitung, Flächenreinigung und -desinfektion, Abfallentsorgung
Haut- und Schleimhautantiseptik, Durchführung von Injektionen, Punktionen, invasiven Eingriffen, Operationen, Wundversorgung und Verbandwechsel
Umgang mit Medikamenten und Impfstoffen
baulich-funktionale Gestaltung (z. B. OP-Räume, Handwaschplätze, Sanitäreinrichtungen)
Risikobewertung und Einstufung von Medizinprodukten
Aufbereitung unkritischer und (semi-)kritischer Medizinprodukte
Davon ist der Reinigungs- und Desinfektionsplan zu unterscheiden. Er ist Anhang des Hygieneplans und bietet eine Übersicht über die am jeweiligen Arbeitsplatz notwendigen Hygienemaßnahmen wie beispielsweise Händehygiene oder Flächendesinfektion. In ihm wird geregelt, was, wann, womit, wie und von wem gereinigt oder desinfiziert wird. Ideal ist es, ihn zum Beispiel laminiert im Behandlungsraum, im Labor oder im Putzraum auszuhängen. Der Reinigungs- und Desinfektionsplan sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden. Daneben werden auch die Maßnahmen bei Patienten mit Immunsuppression sowie bei Patienten mit übertragbaren Krankheiten und Erregern überprüft, ebenso die Meldung bei infektiösen Erkrankungen und das Trinkwasser.
Der Termin vor Ort
Am Tag der Begehung kommen ein oder mehrere Behördenmitarbeiter in die Praxis. Die Begehung findet zu den Praxisöffnungszeiten statt. Sie dauert je nach Praxisgröße zwei bis drei Stunden und startet mit einer Vorbesprechung. Praxisinhaber sowie Hygienebeauftragter sollten anwesend sein und alle notwendigen Unterlagen griffbereit halten, etwa die Qualifikations- und Schulungsnachweise der Mitarbeitenden und das Praxisorganigramm.
Bei der Begehung werden alle Räume kontrolliert, auch das Wartezimmer und die Küche. Dabei werden auch Schranktüren und Schubladen geöffnet und es wird in Mülleimer geguckt. Im Wartezimmer wird etwa geprüft, ob die Stühle eine desinfektionsfähige Oberfläche haben und wie häufig die Kinderspielecke desinfiziert wird. Auch die Garderobe kann in den Blick geraten. Hier sollten Jacken nicht übereinanderhängen und ein Schirmständer sollte vorhanden sein.
Dabei befragen die Kontrolleure auch die Praxismitarbeitenden, zum Beispiel nach Arbeitsabläufen und Hygienemaßnahmen. Geprüft werden unter anderem die Händedesinfektion, die Flächendesinfektion sowie die Aufbereitung von Medizinprodukten. Bei der Begehung können auch Proben genommen werden, oft werden auch Fotos gemacht. Danach erfolgt ein Abschlussgespräch, bei dem die Kontrolleure direkt ein erstes Feedback geben und Verbesserungsvorschläge machen.
Das Protokoll und die Mängelbeseitigung
Einige Zeit nach der Praxisbegehung erhält der Praxisinhaber das Protokoll der Begehung. In ihm sind sämtliche Mängel aufgelistet. Das Gesundheitsamt setzt eine Frist, bis wann diese behoben sein müssen. Dies muss der Praxisinhaber nachweisen. Die Behörde kann auch zu einer Nachbegehung erscheinen. Zu den häufigen Mängeln zählen unter anderem nicht aktuelle Hygienepläne, Pflanzen oder Stoffvorhänge.
Stellen die Kontrolleure gravierende Mängel fest, können sie die Unterlassung einzelner Maßnahmen anordnen, im schlimmsten Fall auch die Schließung der Einrichtung. Neben Freiheits- und Geldstrafen bei der Verletzung von Strafvorschriften können auch Geldbußen für Ordnungswidrigkeiten verhängt werden. Eine Praxisbegehung ist übrigens gebührenpflichtig. Die Höhe der Verwaltungsgebühr richtet sich nach den jeweiligen Gebührensätzen der einzelnen Bundesländer.
Checkliste zur Vorbereitung der Praxisbegehung
Nach der Ankündigung der Begehung (meist vier bis sechs Wochen vorher) benötigte Unterlagen als Kopie zurückschicken und die gestellten Fragen beantworten.
Kontakt aufnehmen, wenn der vom Gesundheitsamt genannte Termin nicht passt.
In der Zeit bis zur Begehung die Praxis selbst kritisch in Augenschein nehmen, Dokumente auf den aktuellen Stand bringen.
Praxispersonal über den Ablauf der Begehung informieren und vorbereiten.
In der Zeit der Begehung sollte kein Praxisbetrieb stattfinden, Patienten absagen und umbestellen.
Vier-Augen-Prinzip bei der Begehung: Die Kontrolleure kommen meist zu zweit, auch auf Praxisseite sollten mindestens zwei Personen an der Begehung teilnehmen (Praxisinhaber und Hygienebeauftragte oder Qualitätsmanagementbeauftragte).
Zwei bis drei Stunden Zeit für die Begehung einplanen.
Kooperativ sein, Fragen beantworten.
Eingereichte Unterlagen mit den Mitarbeitenden des Gesundheitsamts besprechen.
Bei der Begehung ein eigenes Protokoll führen und die Aussagen der Prüfer notieren (Mitarbeitende dafür abstellen).