ICD-10-Code F32.0: Leichte depressive Episode
Marzena SickingICD-10-Code F32.0 steht für die leichte depressive Episode. Wann er zu verwenden ist, welche Symptome kodierentscheidend sind und wie er sich von anderen Depressionstypen unterscheidet, lesen Sie hier.
Definition und klinische Relevanz
Der ICD-10-GM-Schlüssel F32.0 bezeichnet eine leichte depressive Episode und gehört zum Kapitel V der ICD-10-GM („Psychische und Verhaltensstörungen“). Die Diagnose ist anwendbar, wenn eine affektive Störung mit depressiver Symptomatik vorliegt, die nicht die Kriterien einer mittelgradigen oder schweren Depression erfüllt und keine psychotischen Symptome umfasst.
In der hausärztlichen und psychotherapeutischen Praxis ist F32.0 eine der häufigsten Erstdiagnosen im Bereich affektiver Störungen. Sie spielt auch eine Rolle in arbeitsmedizinischen Kontexten (z. B. bei Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Belastungen) und bei der Beurteilung psychischer Gesundheitsrisiken.
Diagnostische Kriterien
Gemäß ICD-10-GM müssen bei einer leichten depressiven Episode mindestens zwei Hauptsymptome und mindestens zwei Nebensymptome über mehr als zwei Wochen hinweg vorliegen. Zu den Hauptsymptomen zählen depressive Stimmung, Interessenverlust und Antriebslosigkeit. Nebensymptome sind beispielsweise verminderte Konzentration, Selbstwertprobleme, Schuldgefühle, Schlafstörungen oder Appetitmangel.
Die Alltagsbewältigung ist bei F32.0 noch weitgehend erhalten, wenngleich subjektives Leidensgefühl und funktionelle Einschränkungen bestehen können. Eine stationäre Behandlung ist im Regelfall nicht erforderlich; primär erfolgt die Betreuung ambulant durch Hausärzt:innen oder psychotherapeutisch tätige Fachkräfte.
Kodierhinweise
Die Diagnose F32.0 darf nur vergeben werden, wenn die Kriterien für eine depressive Episode erfüllt sind, aber weder psychotische Merkmale noch eine deutliche soziale Dekompensation vorliegen. Sie ist nicht anzuwenden, wenn bereits rezidivierende depressive Episoden dokumentiert sind – hier ist F33.* zu kodieren. Auch Anpassungsstörungen mit depressiver Reaktion (F43.2) sind differenzialdiagnostisch abzugrenzen.
Die Kodierung erfolgt mit dem Zusatzkennzeichen „G“ für „gesichert“ – insbesondere bei AU-Bescheinigungen oder im Rahmen von DMP-Dokumentationen (z. B. DMP Depression oder KHK, wenn psychische Komorbidität vorliegt). Die Diagnose ist bei wiederholtem Kontakt zu überprüfen und bei Veränderung des Schweregrads anzupassen.
Abgrenzung zu verwandten Depressionstypen
Die folgende Übersicht zeigt die typischen Kodierungen für depressive Episoden nach ICD-10-GM:
ICD-10-GM-Code | Bedeutung |
F32.0 | Leichte depressive Episode |
F32.1 | Mittelgradige depressive Episode |
F32.2 | Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome |
F32.3 | Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen |
F33.0–F33.9 | Rezidivierende depressive Störungen |
F34.1 | Dysthymie (chronische depressive Verstimmung) |
F43.2 | Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion |
Epidemiologische Bedeutung Leichte depressive Episoden zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit. Laut Robert Koch-Institut liegt die 12-Monats-Prävalenz depressiver Störungen in Deutschland bei etwa 8–10 % der Erwachsenen. Der Anteil leichter Verläufe ist dabei erheblich – insbesondere im hausärztlichen Setting. In der Arbeitsunfähigkeitsstatistik der Krankenkassen gehört F32.0 regelmäßig zu den meistverwendeten psychischen Diagnosen.
Abrechnungs- und Versorgungskontext Die korrekte Kodierung von F32.0 ist relevant für die Begründung ärztlicher Gesprächsleistungen, Psychotherapie, medikamentöser Therapieeinleitung (z. B. SSRI) sowie für die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit. In vielen Bundesländern wird F32.0 im Rahmen von hausarztzentrierter Versorgung (HzV) oder bei strukturierter Versorgung psychischer Erkrankungen dokumentiert.
Ein häufiger Fehler in der Praxis besteht darin, die Diagnose über Monate fortzuschreiben, ohne Verlaufskontrolle oder Anpassung des Schweregrads vorzunehmen. Dies kann im Rahmen ärztlicher Wirtschaftlichkeitsprüfung kritisch bewertet werden.
Quelle:BfArM - ICD-10-GM, RKI - Nichtübertragbare Krankheiten, AWMF Leitlinienregister
Patienteninfo: Was bedeutet „F32.0 – Leichte depressive Episode“?
Die Diagnose F32.0 beschreibt eine leichte depressive Episode. Das bedeutet, dass bei Ihnen Symptome wie eine anhaltend gedrückte Stimmung, ein Verlust an Interesse oder Antrieb sowie weitere Beschwerden wie Schlafstörungen oder Konzentrationsprobleme festgestellt wurden. Diese Symptome bestehen seit mindestens zwei Wochen und beeinträchtigen Ihr Wohlbefinden spürbar – auch wenn Sie Ihren Alltag grundsätzlich noch bewältigen können.
Eine leichte Depression ist nicht einfach nur „schlechte Laune“, sondern eine medizinisch relevante Erkrankung. Auch wenn die Symptome weniger stark ausgeprägt sind als bei schwereren Formen, sollte man sie ernst nehmen. Viele Menschen erholen sich bereits durch verständnisvolle Gespräche, Unterstützung im sozialen Umfeld, Entlastung im Alltag oder eine gezielte psychotherapeutische Begleitung. In manchen Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung sinnvoll sein.
Wenn Sie die Diagnose F32.0 erhalten haben, ist das ein erster Schritt zur Stabilisierung und Besserung. Wichtig ist, mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt im Austausch zu bleiben, Veränderungen offen anzusprechen und Hilfe anzunehmen. Die Diagnose dient nicht der Stigmatisierung, sondern hilft dabei, gezielt Unterstützung zu ermöglichen. Leichte depressive Episoden sind häufig – und gut behandelbar.