Ärzte zeigen mehr wirtschaftliche Zuversicht, aber die Digitalisierung wird zum Problem
Marzena SickingIm zweiten Quartal 2025 hat sich die wirtschaftliche Stimmung unter niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten deutlich verbessert. Die neue Gesundheitsministerin erhält einen Vertrauensvorschuss, während die Digitalisierung erstmals als größte Belastung im Praxisalltag gilt – das alles zeigt die aktuelle Erhebung der Stiftung Gesundheit.
Im zweiten Quartal 2025 hat sich die wirtschaftliche Stimmung unter den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten demnach erstmals seit langer Zeit wieder deutlich aufgehellt. Das Stimmungsbarometer der Stiftung Gesundheit steigt für diesen Zeitraum um ganze 7,1 Punkte auf einen Indexwert von 17,1 im negativen Bereich. Alle Fachgruppen melden der Erhebung zufolge ein verbessertes wirtschaftliches Klima – dennoch bleibt die Skepsis unter den niedergelassenen Ärzten ausgeprägt.
Fachgruppe | Veränderung Q1 zu Q2 | Index Q2 2025 | Bemerkung |
Hausärzte | +10,4 | 18,3 | stärkster Anstieg aller Gruppen |
Zahnärzte | +7,7 | 21,1 | kräftige Erholung |
Fachärzte | +3,4 | 25,6 | niedrigster Indexwert im Vergleich |
Psychologische Psychotherapeuten | +4,0 | 4,9 (positiv) | einzige Gruppe mit positiver Stimmung |
Digitalisierung überholt Politik als Hauptärgernis
In der aktuellen Befragung der Stiftung Gesundheit nannten die befragten Ärztinnen und Ärzte drei Faktoren als häufigste negative Einflüsse auf ihre berufliche Situation. Erstmals wurden dabei nicht mehr die politischen Entscheidungen, sondern die Digitalisierung der gravierendster Negativfaktor im Praxisalltag genannt.
Top 3 der Belastungen in Arztpraxen laut Stimmungsbarometer 7/2025:
Digitalisierung (z. B. eRezept, Telematikinfrastruktur): 65,2 Prozent
Vorgaben durch Politik und Selbstverwaltung: 62,1 Prozent
Praxisadministration ohne digitalen Bezug: 50,8 Prozent
Wirtschaftliche Entwicklung trifft politischen Stimmungsumschwung
Ebenfalls bemerkenswert: Das Ärztebarometer steigt im zweiten Quartal 2025 damit um 3,5 Punkte stärker als der ifo-Geschäftsklimaindex. Erstmals seit Einführung der Erhebung liegt der medizinische Index damit über dem gesamtwirtschaftlichen Referenzwert. Ein Ergebnis, das auf eine positive Dynamik im ambulanten Bereich hinweist.
Zeitgleich bringt der Wechsel im Bundesgesundheitsministerium Bewegung in die Wahrnehmung, davon ist jedenfalls Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Konrad Obermann, Forschungsleiter der Stiftung Gesundheit, überzeugt. Die neue Ministerin Nina Warken werde von vielen Ärztinnen und Ärzten mit einem Vertrauensvorschuss bedacht.
Ihre dialogorientierte Haltung steht auf jeden Fall im deutlichen Kontrast zu den konfliktbeladenen Reformjahren unter Karl Lauterbach. Doch die strukturellen Herausforderungen bleiben gewaltig: hohe Ausgaben, niedrige Lebenserwartung, ein wachsender Fachkräftemangel und die angespannte Finanzierung in GKV und Pflege. Während die Politik vorrangig über zusätzliche Einnahmen diskutiert, fordert die Ärzteschaft konkrete Entlastung – etwa durch die Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen. Ob Warken diesem Kurs folgt, wird laut Obermann entscheidend für die weitere Entwicklung der Stimmung bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sein.