Phänomen „Quiet Quitting“: Was Praxis-Chefs dagegen unternehmen können
Deborah WeinbuchBloß kein Handschlag zu viel und von Mitdenken keine Spur: MFA mit einer solchen Arbeitseinstellung ziehen die Moral des ganzen Praxisteams nach unten. Wie Praxisinhaber gegensteuern können.
Eine alte Masche ist in den sozialen Medien gerade voll im Trend: „Dienst nach Vorschrift“ heißt bei der Generation Z jetzt „Quiet Quitting“– geprägt von einem jungen Mann auf TikTok, der sich dort Zaid Leppelin nennt. 3,6 Millionen Mal wurde seine Botschaft bisher angeklickt: „Du kündigst deinen Job nicht, aber du arbeitest nicht mehr, als in deinem Vertrag steht. Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deine Produktivität.“
Reduzierte Einsatzbereitschaft breitet sich im Team aus
Einige junge Menschen setzen nun auf konsequente Regeln und Abgrenzung – als Gegenreaktion auf zunehmende Arbeitsverdichtung und häufige Forderungen nach ständiger Erreichbarkeit. In Maßen dient dies einem gesunden Selbstschutz. Rigide gelebt kann es jedoch Unternehmen schaden.
Gerade Arztpraxen leben von einer guten Teamarbeit. Eine reduzierte Einsatzbereitschaft Einzelner kann das ganze Team nach unten ziehen. Engagierte Mitarbeitende können sich schnell fragen, warum sie so viel Energie investieren, wenn andere mit minimalem Einsatz durchkommen. Es droht Ansteckungsgefahr! Umso wichtiger ist es, schnell auf eine solche Haltung zu reagieren. Dazu sollte zunächst das individuelle Motiv verstanden werden.
Das Gesundheitsbewusstsein der Jüngeren ist gestiegen. Viele haben beobachtet, wie sich ihre Eltern aufgerieben haben und vielleicht stressbedingt erkrankt sind. Sie wollen Sport treiben und sich gesund ernähren. Das braucht Zeit. Gleichzeitig legt die junge Generation viel Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, um ausreichend Zeit für Lebenspartner, Familie und Freund zu haben. Der Vorteil: Mitarbeitende, die sich auf diese Weise im Privatleben stabilisieren, bleiben oft länger leistungsfähig. Wer nicht ständig Überstunden machen will, ist also nicht per se faul. Sollte das Arbeitspensum nicht in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu schaffen sein, lohnt eine Bestandsaufnahme: Ist es wirklich ein Ein-Personen-Job? Oder müsste noch eine halbe Stelle her?
Wenn die emotionale Bindung ans Unternehmen fehlt
Ein anderes Phänomen ist jedoch die emotionale Distanz einiger Mitarbeitender: Da sie keine Anteile am Unternehmen habe, müsse sie nicht ständig darüber informiert sein, erklärt Influencerin „Ellsatthedisco“ auf TikTok und gibt damit einen Hinweis auf einen Lösungsansatz. Das sogenannte normative Commitment reicht nicht. Dieses Gefühl der Verpflichtung entsteht, wenn Führungskräfte fair handeln, angemessene Löhne zahlen und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Es beflügelt aber allein nicht zu Höchstleistungen. Dazu bedarf es emotionaler Verbundenheit. Diese führt zu „affektivem Commitment“ (s. unten) und fördert große Einsatzbereitschaft und Teamgeist. So geben Mitarbeitende wirklich ihr Bestes.