Survival-Guide für MFAs: So kommen Sie entspannter durch den Jahresendstress
Marzena SickingNovember und Dezember sind für Medizinische Fachangestellte die stressigsten Monate des Jahres. Grippewelle, Terminflut und Quartalsende treffen zusammen. Mit den richtigen Strategien lässt sich der Jahresendstress jedoch deutlich reduzieren. Hier kommen unsere Tipps für mehr Gelassenheit im Praxisalltag.
Die perfekte Stressmischung: Warum Jahresende besonders hart ist
November und Dezember bedeuten in Arztpraxen Ausnahmezustand. Während andere bereits Lebkuchen naschen, beginnt für MFAs jetzt der große Jahresend-Marathon. Die Gründe für das erhöhte Arbeitsaufkommen sind vielfältig: Patienten wollen ihre Vorsorgeuntersuchungen noch im alten Jahr abhaken, Rezepte müssen vor dem Jahreswechsel erneuert werden, und die Erkältungs- und Grippewelle sorgt zusätzlich für überfüllte Wartezimmer. Gleichzeitig läuft natürlich auch das Tagesgeschäft weiter. Quartalsabrechnungen müssen erstellt, die Urlaubsplanung organisiert und das Budget im Blick behalten werden. Diese Mehrfachbelastung macht die letzten beiden Monate des Jahres zur härtesten Prüfung für Praxisteams.
Transparente Kommunikation entlastet alle Beteiligten
Einer der wichtigsten Schlüssel zur Stressbewältigung liegt in klarer Kommunikation. Statt jeden Terminwunsch krampfhaft erfüllen zu wollen, sollten MFA auf klare Ansagen und Ehrlichkeit setzten. Sagen Sie den Patienten bereits am Telefon, ob ihre Anfrage realistisch ist oder ob der Terminwunsch besser auf Januar verschoben werden sollte. Bewährt haben sich hier klare Ansagen: Routinekontrollen werden nur noch für das neue Jahr vergeben, Akutfälle haben täglich in bestimmten Zeitfenstern Vorrang. Diese Transparenz schafft Planbarkeit – für Patienten und das Praxisteam.
Auch im Wartezimmer zahlt sich Offenheit aus. Ein Aushang mit realistischen Wartezeiten und einem Hinweis auf die aktuelle Grippewelle sorgt für Verständnis. Wer weiß, dass er 45 Minuten warten muss, kann sich darauf einstellen und fragt auch nicht alle 5 Minuten nach, wann er denn endlich dran kommt.
Prioritäten setzen: Was wirklich nicht warten kann
Außerdem müssen MFA lernen, klare Prioritäten zu setzten. Gerade am Jahresende gilt: Nicht jeder Terminwunsch ist wirklich dringend. Die Kunst besteht darin, echte medizinische Notwendigkeiten von Wunschvorstellungen der Patienten zu unterscheiden. Für den Patienten mag ein Kontrolltermin wichtig sein, weil ihm z.B. noch der Stempel für das Bonus-Programm seiner Krankenkasse fehlt. Dieser Zeitdruck ist aber selbst verschuldet und auf mangelnde Selbstorganisation zurückzuführen. Es ist nicht Aufgabe der MFA und der Praxis diese Defizite auszugleichen.
Deshalb: Akute Beschwerden, notwendige Kontrolltermine bei chronischen Erkrankungen oder Folgetermine nach Befunden gehören werden bei der Terminvergabe am Jahresende priorisiert. Routinecheck-ups, Sportvereinsbescheinigungen oder Vorsorgetermine ohne akuten Anlass können dagegen problemlos auf Januar verschoben werden. Diese Vorgehensweise rechtzeitig und transparent zu kommunizieren – gegenüber Patienten und im Team – verhindert Diskussionen und spart wertvolle Zeit.
Priorisierung der Terminanfragen nach Dringlichkeit
Sofort einplanen:
Akute Beschwerden und Schmerzen
Folgetermine nach pathologischen Befunden
Notwendige Kontrolltermine bei chronischen Erkrankungen
Fällige Impfungen
Kann auf Januar warten:
Routinecheck-ups ohne Symptome
Langfristige Vorsorgetermine
Sportvereinsbescheinigungen
Wunschtermine ohne medizinische Dringlichkeit
Arbeitsabläufe standardisieren spart Nerven
Auch klare Strukturen können helfen, wenn in der Praxis das Chaos droht. Feste Zeiten für wiederkehrende Aufgaben bringen Ordnung in den Alltag. Rezeptbestellungen können beispielsweise nur an bestimmten Tagen bis zu einer festen Uhrzeit angenommen werden. Die Bearbeitung erfolgt dann gebündelt, das spart Zeit und vermeidet ständige Unterbrechungen.
Auch bei der Terminvergabe helfen feste Regeln. Pufferzeiten im Plan – etwa 15 Minuten vor der Mittagspause oder einige Notfall-Slots über den Tag verteilt – fangen Verzögerungen ab. Der Plan bleibt realistisch, der Stress reduziert sich.
Ein tägliches Kurzbriefing im Team am Morgen bringt ebenfalls einiges: Man klärt Zuständigkeiten und die Besonderheiten des Tages. Fünf Minuten Abstimmung können Stunden an Missverständnissen und Doppelarbeit sparen.
Selbstfürsorge im Praxisalltag
Aber Vorsicht: Gerade in stressigen Phasen wird die eigene Gesundheit oft vernachlässigt. Dabei ist sie die Grundlage für Leistungsfähigkeit in besonders stressigen Zeiten. Ausreichend trinken, gesunde Snacks statt Dauerzucker und echte Pausen sind keine Luxusthemen, sondern Notwendigkeiten. Denken Sie immer daran: Zehn Minuten Pause mit frischer Luft machen produktiver als 60 Minuten Durcharbeiten mit Kopf-Nebel. Auch wenn Sie sich stark fühlen: Der Körper braucht Erholungsphasen, um konzentriert und gesund zu bleiben. Wichtig auch die mentale Hygiene: Nach Feierabend sollte die Praxis in der Praxis bleiben. Klare Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit helfen Ihnen beim Abschalten.
Teamgeist als Stresspuffer
Und nicht zu vergessen: Ein funktionierendes Team ist in stressigen Zeiten Gold wert. Gegenseitige Unterstützung bedeutet konkret: Wenn eine Kollegin am Telefon festsitzt, übernimmt jemand anders kurz die Anmeldung. Erfolge werden geteilt, Belastungen verteilt. Bei einem eingespielten Team läuft das automatisch. Manchmal hilft es aber auch, diese Dinge im Morgenmeeting kurz zu besprechen. Auch kleine Gesten stärken den Zusammenhalt: ein gemeinsames Frühstück, gegenseitiges Lob für schwierige Situationen oder ein Adventskalender fürs Team (der im Idealfall vom Chef kommt): Diese Momente schaffen zwar keine stressfreie Zone, aber sie zeigen gegenseitige Wertschätzung und stärken den Teamgeist.
Möglichst früh sollte übrigens auch das Thema Weihnachtsurlaub besprochen werden. Gibt es einen Betriebsurlaub für alle oder ist die Praxis zwischen den Feiertagen offen? Falls man Sprechstunden anbietet, muss geklärt werden, wer vor Ort sein muss. Die Urlaubsplanung sollte nach fairen, transparenten Regeln ablaufen. Wer im Vorjahr über Weihnachten da war, hat diesmal Vorrang bei der Freizeit. Oder die Feiertage werden aufgeteilt – eine Person übernimmt die Tage vor Weihnachten, eine andere zwischen den Jahren. Hauptsache, das System ist für alle nachvollziehbar und wird eingehalten.
Warnsignale ernst nehmen
Manchmal hilft aber alles nichts, der Stress schlägt auf Psyche und Gesundheit. Wenn Schlafstörungen zunehmen, die Konzentration nachlässt oder Gereiztheit zum Dauerzustand wird, sendet der Körper bereits sehr deutliche Warnsignale. Diese zu ignorieren rächt sich. Besser ist es, in so einem Moment das Gespräch mit der Praxisleitung zu suchen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Temporäre Anpassungen wie reduzierte Sprechstundenzeiten, eine kurzfristige Aushilfe oder Umverteilung von Aufgaben können Entlastung bringen. Und wenn der Körper streikt, ist eine Krankschreibung der richtige Schritt.
Der Blick aufs Ende
Und vergessen Sie nicht: Es ist alles nur eine Phase und die geht auch vorbei. Der Januar bringt traditionell etwas mehr Ruhe in die Praxis. Die Erfahrung zeigt: Der Jahresendstress ist intensiv, aber zeitlich begrenzt. Mit klaren Kommunikationsregeln, strukturierten Abläufen und einem starken Team lässt sich diese Phase durchaus bewältigen. Die Kunst besteht also nicht darin, den Stress komplett zu vermeiden, sondern ihn zu managen.