Der ePA-Praxistest: Wie läuft's denn so?
Bianca LorenzSie soll Praxen entlasten, Prozesse vereinfachen und die Patientenversorgung verbessern und wird jetzt bundesweit ausgerollt. Zuvor nahmen medizinische Einrichtungen in drei Modellregionen die elektronische Patientenakte (ePA) unter die Lupe. Sie prüften, wie alltagstauglich sie tatsächlich ist. Ein erster Stimmungsbericht der Praxismanager über die Vorteile und die verbleibenden Hürden.
Mitte Januar dieses Jahres fiel der Startschuss für die Pilotphase zur Einführung der ePA. Seitdem arbeiten Praxen und Kliniken in den Modellregionen Franken, Hamburg und Umland sowie in Teilen Nordrhein-Westfalens mit der elektronischen Patientenakte. Die stand bereits vor 20 Jahren als Idee im Raum, nun wird sie deutschlandweit umgesetzt. Ziel ist eine bundesweit einheitliche, digitale Akte, in der medizinische Informationen sicher, strukturiert und patientengesteuert gespeichert werden.
Bei der Erprobung und damit vom ersten Tag im praktischen Einsatz mit dabei: die Sozialstiftung Bamberg mit ihren verschiedenen Einrichtungen, darunter ambulante und stationäre Versorgungszentren. „Seit dem 20. Januar 2025 kann unser ÄPZ (Ärztliches Praxiszentrum) Neuronetz in einer Praxis für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie als Pilotpraxis die elektronische Patientenakte erfolgreich testen“, berichtet Tim Güldner, Referent der Klinikdirektion. „Wir arbeiten eng mit dem Projektbüro der TI-Modellregion Franken zusammen, welches auch die Kommunikation mit der gematik koordiniert. Der regelmäßige und strukturierte Austausch hilft, den weiteren Rollout der ePA optimal zu begleiten.“
ePA-Tester berichten über spürbare Erleichterungen im Alltag
Zum Einsatz kommt dabei das Praxisverwaltungssystem principa. „Es erfüllte als erstes System alle Voraussetzungen, insbesondere durch die integrierte IT-Sicherheitslösung“, sagt Jan de Boer vom IT-Projektmanagement der Sozialstiftung. „Aufgrund der positiven Nutzererfahrung mit dem Praxisverwaltungssystem (PVS) von Planorg sind wir zuversichtlich, dass auch unsere weiteren Softwareanbieter zeitnah eine ebenso übersichtliche und benutzerfreundliche Anwendung der ePA ermöglichen.“
Auch die Rückmeldungen aus dem Praxisalltag sind überwiegend positiv. „Die Funktionalität der ePA im Praxisverwaltungssystem principa überzeugt durch eine intuitive Bedienung, eine gute Integration in den Praxis-Workflow sowie eine übersichtliche und benutzerfreundliche Gestaltung“, sagt Stefanie Thyson-Kretschmer, Praxismanagerin der Ärztlichen Praxiszentren.
Das trägt auch ganz konkrete Früchte: „Zum einen ein schneller Zugriff auf Patienteninformationen. So können wir direkt über die ePA in principa auf wichtige Patientendaten wie frühere Diagnosen, Befunde, Laborwerte oder Medikationspläne zugreifen“, ergänzt Bianca Leisgang, zertifizierte Praxismanagerin und Teamleiterin im MVZ Neuronetz. „Zum anderen hilft die ePA bei der automatischen Dokumentation und bei der Vermeidung von Papier. Überweisungen, Arztbriefe oder Befunde lassen sich schnell digital weiterleiten.“ Ein praktisches Beispiel: Wo früher externe Befunde telefonisch angefordert, per Fax empfangen, eingescannt und archiviert werden mussten, liegen diese nun häufig bereits digital in der ePA vor – ein enormer Zeitgewinn und ein Beitrag zur Fehlervermeidung.
Wenige Konten, große Software-Vielfalt
Trotz dieser Fortschritte verlief der Start nicht immer reibungslos. „Eine der größten Herausforderungen bestand darin, dass keine beziehungsweise nur wenige Aktenkonten vorhanden waren“, berichten die beiden Praxismanagerinnen.Dass bislang noch eher wenige Patient:innen eine aktivierte ePA haben, sei auch weiterhin ein Flaschenhals für deren flächendeckende Nutzung. Auch bei der Technik hapere es noch hier und da. Knackpunkt: die technische Vielfalt innerhalb der Sozialstiftung „Da die verschiedenen Einrichtungen und Fachbereiche spezifische Anforderungen haben, kommen unterschiedliche Softwarelösungen zum Einsatz. Andere Softwareanbieter benötigten mehr Zeit zur Umsetzung der Anforderungen“,erklärt de Boer.
BÄK erwirkt mehr Zeit zur Einführung
Die Software, aber auch die IT-Sicherheit sind der Grund, warum sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (BÄK) für eine langsamere Einführung der ePA ausgesprochen hatte, als ursprünglich angedacht. „Die Erfahrungen der ersten Nutzung der elektronischen Patientenakte im Zuge der Erprobung in den drei Modellregionen haben zahlreiche technische Verbesserungsnotwendigkeiten offengelegt“, betonte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt Anfang April.
Deshalb sprach sich die BÄK auch für eine schrittweise, freiwillige Ausweitung, erst nach Bestätigung der Sicherheitsanforderungen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aus. Wichtig sei zudem eine enge Begleitung durch die gematik, um Rückmeldungen aus dem Praxisalltag aufzunehmen und die Systeme kontinuierlich zu verbessern. Diesen Forderungen ist das Bundesgesundheitsministerium nun nachgekommen. Die ePA wurde zwar zu Ende April bundesweit ausgerollt, aber zunächst noch auf freiwilliger Basis, ab 1. Oktober 2025 dann verpflichtend. Somit bekommen Praxen und Softwarehersteller:innen mehr Zeit, sich besser darauf einzustellen und technisch nachzubessern.
IT-Sicherheit und Datenschutz
Trotzdem geht man auch in Bamberg weiterhin besonders sorgfältig vor: „Als Unternehmen, das zur kritischen Infrastruktur zählt, legen wir besonderen Wert auf höchste Sicherheitsstandards. Wir würden empfehlen, ITSicherheitslösungenzentral bereitzustellen, um einen umfassenden Bedrohungsschutz sicherzustellen“, rät Güldner.
Der Datenschutz ist allerdings nicht nur ein technisches, sondern auch ein kommunikatives Thema im Praxisalltag. So dürfen Patient:innen selbst entscheiden, welche Ärzt:innen welche Dokumente einsehen dürfen – eine hohe Verantwortung auch für MFA. „Wir sind nicht grundsätzlich verpflichtet, die ePA eines Patienten zu nutzen oder abzurufen“, erklärt Leisgang. „Bei Behandlungsrelevanz kann es aus medizinischer Sicht aber sinnvoll sein. Eine gesetzliche Pflicht gibt es allerdings nicht.“
Die Steuerung und Nutzung der elektronischen Patientenakte erfolgt durch die Patient:innen selbst über die von den Krankenkassen bereitgestellte ePA-App. „Viele Patient:innen arbeiten bereits damit und stehen der Innovation sehr offen gegenüber“, so die Erfahrung der Praxismanagerin nach den ersten vier Monaten.
Schulung und Vorbereitung entscheidend für Praxisteam
Die Akzeptanz im Team war in Bamberg hoch – auch dank strukturierter Schulungen. Eine gute Vorbereitung sei ihrer Meinung nach entscheidend für die reibungslose Integration. „Dank des bereits hohen Digitalisierungsgrades in der Sozialstiftung Bamberg hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenig Probleme bei der Handhabung“, ergänzt Thyson-Kretschmer. „Die Einführung der ePA wurde als weiterer Meilenstein der digitalen Transformation begrüßt, was zu einerschnellen und reibungslosen Nutzung im Arbeitsalltag führte.“
Tipp: Die KBV bietet auf ihrer Homepage viele Info-Materialien rund um die ePA und deren Einführung an, z.B. ein Lernvideo, ein Serviceheft oder ein Poster. Auch Informationen fürs Wartezimmer können unter https://bit.ly/ePA-wissen herunterladen werden.
Vorteile der EPA für MFA
Zeitersparnis im Alltag: Direkter Zugriff auf Diagnosen, Befundeund Medikationspläne spart Rückfragen und langes Suchen in Papierakten.
Reduzierter Dokumentationsaufwand: Statt Scannen und Archivieren: digitale Ablage von Dokumenten direkt in der ePA.
Weniger Medienbrüche: Fax, Post und händische Übergaben werden durch digitale Übermittlung abgelöst.
Intuitive Nutzung im Praxisverwaltungssystem: Beispiel principa:Einfache Oberfläche, schnelle Navigation, gute Integration in bestehende Workflows.
Bessere Datenqualität: Zentrale, strukturierte Akte reduziert Dubletten, Verwechslungen und offene „Aktenkonten“.
Entlastung bei Patientenfragen: Gut informierte Patient:innen fragen gezielter und MFA können strukturierter Auskunft geben.
Mehr Kompetenz durch Schulung: Neue Aufgabenfelder wie PA-Beratung steigern die fachliche Verantwortung im Team.